In der öffentlichen Diskussion spielen die inoffiziellen Mitarbeiter (IM) die hauptsächliche Rolle. Dabei wird übersehen, dass die IM in der Regel keinen Einblick in die Hintergründe der MfS-Aktivitäten hatten und selbst nur einen kleinen und von dem jeweiligen Führungsoffizier zuerkannten eigenständigen Aktivitätsraum hatten. Die Planung dessen, wer, warum, wann und wie überwacht wurde, oblag einzig den hauptamtlichen MfS-Mitarbeitern. Sie waren die eigentlichen Drahtzieher und blieben dennoch stets im Hintergrund. Scheinbar ist ihnen diese konspirative Attitüde – von einigen Ausnahmen abgesehen – bis in die Gegenwart hinein gelungen.
Das öffentliche Entsetzen über die Machenschaften der Stasi konzentriert sich auf die IM, während die ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeiter gern die Rolle eines 'normalen' Geheimdienstmitarbeiters für sich reklamieren, die es ja in jedem Lande gäbe und die natürlich auch in jedem Land mit konspirativen Methoden arbeiteten und insgesamt zur politischen Stabilität während des kalten Krieges beigetragen hätten.
Zu den Aufgaben der Hauptamtlichen Mitarbeitern, die die Umweltschutzgruppe in Erfurt 'bearbeiteten’ gehörte:
Über 10 hauptamtliche MfS-Mitarbeiter waren an der 'Bearbeitung' der Umweltschutzgruppe unmittelbar (im Stasijargon 'operativ’) beteiligt (Eine Liste einiger beteiligten MfS-Mitarbeiter ist unten aufgeführt). Jeder dieser MfS-Mitarbeiter hat ein Netz von 5-12 IM geführt. Diese einzelnen IM-Netze arbeiteten untereinander unabhängig. Diese Informationen wurden durch ad hoc gebildete Koordinierungsgruppen zusammengetragen oder in dem Referat XX/A der Bezirksverwaltung Erfurt (BV Erfurt) ausgewertet. Zusätzlich zu den Auswertungen des Referates XX/A wurde speziell für die Umweltgruppe zeitweilig eine zentrale Koordinierungsgruppe unter Leitung des Leiters der Abteilung XX, Günter Stark, gebildet. Die gesammelten Erfahrungen mit der Erfurter Umweltgruppe floßen in die Promotion von Herrn Stark zum Thema "Operative Bearbeitung feindlich-negativer Kräfte" auf der MfS-Hochschule Potsdam im Jahr 1989 ein.
Die hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter haben die Pläne zur Zersetzung der "feindlich-negativen" Personen ausgearbeitet. Sie haben die Misserfolgserlebnisse bei diesen "feindlich-negativen" Personen im beruflichen wie im privaten Bereich geplant und organisiert.
Sie haben veranlasst, dass bestimmte gewünschte Lehrstellen nicht an Mitglieder der Umweltgruppe vergeben wurden, sie haben berufliche Umsetzungen über die Personalabteilungen (Kaderabteilungen) veranlaßt, im heutigen Sprachgebrauch mobbing im Berufsumfeld einer Lehrerin organisiert bis diese den permanenten Druck den das MfS über den unmittelbaren Vorgesetzten (Schuldirektor der POS 45) ausübte, nicht mehr aushalten konnte und ihren Lehrer-Beruf aufgab, Gerüchte über eheliche Untreue von Partnern der Protagonisten der Umweltgruppe über die Vorgesetzten verbreiten lassen, weibliche IM in die Umweltgruppe eingeschleust, um die männlichen Umweltschützer von ihrem Engagement abzuhalten (als eine IM einen Umweltschützer im Jahre 1988 heiratete feierte das MfS die 'Neutralisierung' der 'feindlich-negativen' Person als Erfolg ihrer Aktivitäten, der Umweltschützer nahm sich im Jahre 1992 das Leben); die hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter veranlassten die Verbreitung von Gerüchten, daß der Leiter der Umweltgruppe selbst IM sei (ein Gerücht, dass sich übrigens erst nach der gemeinsamen Akteneinsicht im Jahre 1993 auflöste). Mit Rücksicht auf die Betroffenen soll hier auf die Darstellung von Details verzichtet werden.
Für die Umsetzung der Planungen der hauptamtlichen Mitarbeiter bedurfte es zahlreicher willfähriger Gehilfen. Dazu zählen die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM), die zur Mitarbeit in der Regel mit einer schriftlich fixierten Vereinbarung verpflichtet wurden, aber auch die zahlreichen Erfurter Bürgerinnen und Bürger (481 während der 1980er Jahre!), die bereitwillig ein Zimmer ihrer Wohnung oder einen Büroraum ihres Arbeitsumfeldes dem MfS auf Anfrage zeitweilig überlassen haben, damit hauptamtliche Mitarbeiter konspirativ in Kontakt mit ihren IM treten konnten. Diese Personen, die die Konspirativität eines solches Treffortes abgesichert haben, wurden ebenfalls schriftlich als Inoffizielle Mitarbeiter verpflichtet; allerdings mit dem Zusatz IMK/KW (siehe Abkürzungsverzeichnis).
Diese Liste von Personen, die willfährig mit dem MfS zusammenarbeiteten ist zu ergänzen durch jene Personen, die auf Grund ihrer beruflichen Stellung und Funktion direkt durch das MfS angesprochen wurden, ohne jemals zu einer Mitarbeit direkt verpflichtet worden zu sein. Zunächst wenden wir uns aber jenen Personen zu, die per Verpflichtungserklärung für das MfS gearbeitet haben: den IM.
(gelb unterlegt sind die Organisationseinheiten, die mit der Umweltgruppe direkt zu tun hatten; Stand: 1989)
Die Hauptamtlichen Mitarbeiter kamen überwiegend aus der Abteilung XX des BVfS Erfurt sowie der Kreisdienstelle Erfurt (KD Erfurt). Die Abteilung XX der BVfS Erfurt hatte im Jahre 1988 etwa 50 hauptamtliche Mitarbeiter von denen 27 Mitarbeiter selbst IM führten. Der Abteilung XX waren mit Stand 1988 430 IM zugeordnet.
Die nachfolgende Liste fasst die MfS-Mitarbeiter zusammen, die Mitte der 1980er Jahre mit der Erfurter Umweltgruppe in Verbindung zu bringen sind. Darüber hinaus sind in der folgenden Liste jene Konspirativen Wohnungen (IMK/KW) angegeben, in denen sich der jeweils IM-führende Mitarbeiter mit seinen IM getroffen hat. Während der 1980er Jahre waren der Abteilung XX insgesamt 64 IMK/KW zugeordnet (nach Ergebnisses der eigenen Recherche der F78 Straßenkartei; siehe dazu auch den Beitrag zu IMK/KW in Erfurt.
Beachten Sie bitte unbedingt:
Auch für die hauptamtlichen MfS-Mitarbeitenden gilt prinzipiell das zu IM gesagte: Es gibt viele Namen in Erfurt doppelt; und es gibt vor allem viele IM-Decknamen mehrfach. Sie können von einem IM-Decknamen, der in einer Stasi-Akte verzeichnet ist, keinesfalls auf den Klarnamen schließen. Diese Liste ist also mit größter Vorsicht zu betrachten. Auch Fehler können nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.
mehr dazu
MfS-Offizier | Geburtsdatum | Diensteinheit | IM | Geheimer Treffort |
Alsen, Hans-Uwe | 17.05.1957 | BVFS XX/A |
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Becke, Ronald | 07.03.1957 | BVFS XX/1 bis 1987, dann OibE in Berlin |
| "Cramer", Carmerstr. 48; "Hygiene", Juri-Gagarin-Ring 124; "Brunnen", Anger 41; "Steiger", Reichardtstr. 12 |
Briesner, |
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Deckert, Uwe | 11.12.1960 | BVFS XX/1 |
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Edelhof, Burkhardt | 16.07.1950 |
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Ehmke, Johannes | 03.12.1958 | BVFS XX/6 |
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Ehrsam, Roland |
| BVFS XX/7, XX/8 | Renate Greif | 'Werner', Berliner Str. 101, 'Herrmann', J-Gagarin-Ring 23 |
Friedrich, Rolf-Günter | 07.08.1951 | BVFS XX/7 | J. B. | 'e’, Marktstr.19 |
Hopfer, |
| BVFS XX/2, XX/3 |
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Hopfstock |
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Ludwig, Peter | 11.01.1939 | KD Erfurt | Herbert Gräser | "Werder", Moskauer Platz |
Mank, Jochen | 24.03.1953 |
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Mittelhäuser, Gerhard | 23.06.1955 | BVFS XX |
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Moser, Roland | 14.10.1937 | BVFS XVIII |
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Mörstedt, Peter | 26.04.1953 | BVFS XX/6 |
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Penndorf, Hilmar | 07.06.1937 | BVFS XX | Dr. T. F., | "Hygiene", Juri-Gagarin-Ring 124 |
Pfeil, E. | 13.04.1944 | BVFS XVIII |
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Schmidt, P. |
| BVFS XX | Dr. B. P. | "Burg", Blosenburgstr. 3 |
Schuchart |
| KD Erfurt | Ingrid Moos | 'Schiene’, Bahnhofstr.1 |
Stieler, Herbert | 05.10.1951 | BVFS XX/2, XX/3 |
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MfS-Offizier | Geburtsdatum | Funktion | Zeit |
Alsen, Hans.Uwe | 17.05.1957 | Leiter Ref XX/A | 1985 - 1987 |
Boller, Rolf | 15.06.1933 | Stellv. BVFS | 1972 - 1985 |
Bärwolf, Arnfried | 21.02.1947 | Leiter Ref XX/1 | 1979 - 1990 |
Schneeberg, Bernd | 12.05.1962 |
| - 1990 |
Schwarz, Josef | 02.07.1932 | Leiter der BVFS Erfurt | 1984 - 1990 |
Stark, Günter | 23.11.1947 | Leiter Abt. XX | 1984(?) - 1990 |
Stieler, Herbert | 05.10.1951 |
| - 1990 |