Vom Mythos der Stasi-Besetzungen

von Christian Booß, Berlin [1] 

Projektkoordinator der Abteilung Bildung und Forschung der BStU Berlin

Veröffentlicht in: Deutschland Archiv 1/2010, S. 0044-0052
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Veröffentlichung hier mit freundlicher Zustimmung des Autors

 

I.

Anfang Dezember 1989, vor 20 Jahren, wurde hektisch telefoniert, auf vielen Ebenen diskutiert. 24 Stunden später waren die ersten Stasi-Bezirksverwaltungen besetzt: in Erfurt, Suhl, Leipzig, in Rostock. Joachim Gauck hat von »revolutionären Höhepunkten « gesprochen.[2]

Das Stück, das damals gegeben wurde, scheint bekannt zu sein – fast schon ein Klassiker: Die Helden und die Schurken, die Bürgerrechtler, die die Stasi und die SED jagen; ebenso das glückliche Ende und die folgende Erfolgsgeschichte: die Sicherung der Akten, ihre Öffnung.

Ein Blick in die Quellen und Literatur verweist jedoch auch auf andere Protagonisten und Handlungsstränge.

Ein Beispiel: »Aufruf an alle Bürger«! »Auf allen Ebenen (sind) Gespräche am Runden Tisch zu führen … gemeinsame Bürgerkomitees zu bilden … die sich im Zusammenwirken mit den zuständigen Organen einsetzen für: die Verhinderung der Vernichtung von Dokumenten und Akten.« – Ein Aufruf vom Neuen Forum? Nein, es ist ein Aufruf des Arbeitssekretariates der SED-Bezirksleitung vom 6. Dezember in der Freien Erde, der größten Tageszeitung im Bezirk Neubrandenburg.[3]

Es werden zuweilen auch andere, bisher angeblich nicht ausreichend »gewürdigte«, Stasi-Bezwin­ger genannt: eine imaginäre »Gegenseite«, mit der gemeinsam Hans Modrow im entscheidenden Moment das MfS im Stich gelassen habe. So behaupten es jedenfalls die ehemaligen Stasi-Oberen heute – und die müssen ja eigentlich wissen, wer sie aufgelöst hat.[4]

Man könnte beide Statements als offenkundig propagandistisch motiviert abtun. Doch so einfach ist die Sache nicht. Wolfgang Berghofer, der letzte SED¬Oberbürgermeister von Dresden, hat 2006 in einem Aufsehen erregenden Interview von einem Geheimtreffen bei Ministerpräsident Modrow Anfang Dezember 1989 berichtet.[5] Der vormalige 1. Bezirkssekretär der SED von Dresden war in diesen Tagen zum eigentlichen Machtzentrum des Alt-Establishments geworden. Bei diesem Treffen habe Hans Modrow gesagt: »Genossen, wenn wir die Partei retten wollen, brauchen wir Schuldige.« Auf die Frage, wer das sein solle, antwortete Modrow laut Berghofer: »Das Ministerium für Staatssicherheit.« Auf die erregte Reaktion von Ex-Spionagechef Markus Wolf: »Hans, wir – Schild und Schwert der Partei – haben doch nie etwas ohne Befehle von Euch gemacht«, habe Modrow geantwortet: »Ja … Die Aufklärung des MfS halten wir selbstverständlich aus dieser Einschätzung heraus.« Damit sei Wolf einverstanden gewesen, und Modrow habe erklärt: »wir brauchen natürlich auch eine hauptverant­wortliche Person für die [wirtschaftliche] Misere. Das kann nicht Honecker sein, denn er steht für die Partei.« Stattdessen habe Modrow Alexander Schalck-Golodkowski vorgeschlagen, den Devisenbe­schaffer der DDR.

Berghofer hat mit dieser Darstellung viel Widerspruch geerntet, vor allem von den Beteiligten; manches daran ist zudem unstimmig[6], seine These mehrdeutig: Hat Modrow die Stasi-Besetzungen angeschoben? Oder hat er sie – wie auch immer – benutzt, und die Bürgerrechtsbewegung im Glauben gelassen, dass sie die eigentlichen Regisseure in dem Spiel waren?

 

II.

Um diese Fragen zu beantworten, muss man sich zunächst die Lage vergegenwärtigen, in welcher sich die DDR Ende November/Anfang Dezember ’89 befand.

Es ging damals ums Ganze, um die Macht im Staate, um die Existenz der SED, vielleicht sogar schon um die Existenz der DDR. Der Druck der Bevölkerung hatte nicht nachgelassen. Weder die Absetzung Erich Honeckers und der Rücktritt Erich Mielkes noch der Neubeginn der Regierung Modrow, die Koalitionsregierung und das Versprechen auf freie Wahlen hatten die Bevölkerung wirklich zufrieden gestellt. Die Dialog-Strategie von Egon Krenz war gescheitert. Auf der Berliner Großdemonstration vom 4. November waren die sogenannten Hoffnungsträger – Günter Schabowski und Markus Wolf – ausge­pfiffen worden, live im Fernsehen überall in der DDR zu verfolgen. Die Dynamik der Volksbewe­gung ließ nach der Maueröffnung nicht nach. Die SED selbst war vom revolutionären Strudel erfasst. Die Parteimitglieder empörten sich über Amtsmissbrauch und Korruption der Alten. Linke Idealisten versuchten sogar, die Partei komplett aufzulösen, während im Süden der DDR wütende Bürger SED-freie Zonen und den Generalstreik forderten. Deutlichere Reformzeichen waren gefragt, eine neue Mannschaft.[7]

Es gibt die These (aus »rechten« SED-Kreisen), dass die Clique um Modrow und Wolf mit Rücken­deckung aus Moskau, des KGB, Krenz und Genossen weggemobbt hätten, um sich selbst an die Spitze zu stellen.[8] Haben die flexibleren Köpfe in der SED, unter ihnen Ex-Spionagechef Wolf, die Stimmung gegen die Stasi und das Szenario um den 4. Dezember also womöglich sogar selbst dramatisiert, um dann die Regie übernehmen zu können?

Mehrere Indizien wurden immer wieder diskutiert:

- Ein Artikel gegen Schalck-Golodkowski im Spiegel vom 20. November, der die Machenschaften des Devisenbeschaffers anprangerte, soll die Volksseele erregt und Schalck in die Flucht getrieben haben. Wer den Artikel analysiert, wird jedoch feststellen, dass er sich wie ein von westlichen Diensten und Strafverfolgungsbehörden inspiriertes Dossier liest.[9]

- Die Enttarnung des Waffenhandels auf dem IMESGelände am 2. Dezember in Kavelstorf bei Rostock, sollte Schalck in die Flucht getrieben haben. Der Bürgerunmut gegen das Lager formierte sich aber bereits Anfang/Mitte November und war lokal inspiriert.[10]

- Die Festsetzung eines Stasi-Mitarbeiters mit Geldkoffern am Alexanderplatz. Diese erfolgte allerdings erst am Abend des 4. Dezember, als die Besetzungen schon liefen.[11]

- Ein Interview im Berliner Rundfunk vom selben Tage, worin ein Mitarbeiter der Staatssicherheit empört über Aktenvernichtungen berichtet. Dieses provozierende Interview wurde mehrfach DDR-weit nachgesendet. Es wirkte ein Fanal, zumal der Offizier sich bei seinem Vertrauensbruch gegenüber seinen Vorgesetzten ausdrücklich auf die Autorität von Markus Wolf berief. Der verantwortliche Nachrichtenredakteur gehörte zum Lager der entschiedenen SED-Reformer. Der Stasi-Mann beteuert jedoch, es habe sich um eine spontane Einzelaktion gehandelt.[12]

Manche »Indizien« wirken überinterpretiert, manches lässt sich nicht abschließend klären. Allerdings lässt sich die Interessenlage Modrows herausdestillieren, die einer riskanten Eskalationsstrategie entgegen stand:

1. Modrow ging es Ende November nicht darum, die Stasi-Leute gänzlich fallen zu lassen. Schließlich wollte er die DDR als unabhängigen sozialistischen Staat erhalten. Dieser benötigte aber aus Modrows Sicht auch die Insignien eines modernen Machtstaates, also auch einen Auslands- und Inlandsgeheim­dienst. Stasi-Expertisen zur Lage, basierend auf IM-Berichten, bekam seine Regierung nach wie vor. Sein Sicherheitsberater war, was kaum bekannt ist, kein geringerer als Markus Wolf.[13] Beide hatten mit der Führung des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. des Amtes für Nationale Sicherheit – wie die Stasi nun offiziell hieß – schon bis zum 2./3. Dezember vereinbart, das Aufgabenspektrum stark zu begrenzen, den Apparat zu halbieren, die Kreisdienststellen aufzugeben, aber die Staatssicherheit eben nicht gänzlich aufzulösen. In Anwesenheit von Modrow war sogar die Stabilisierung der Arbeit mit inoffiziellen Mitarbeitern (IM) und gegen – neu zu definierende – Feinde eindeutig bekräftigt worden. Eine Art Verfassungsschutz sollte gebildet werden – in der Formulierung bewusst angelehnt an die Bundesrepublik.[14]

2. Die SED-Erneuerer befanden sich zudem in einem Dilemma. Berghofer sagt zutreffend: »das Erpressungspotential des MfS war unendlich.«[15] Auch die sogenannten Erneuerer konnten nicht einfach an die 100 000 Leute, die zudem damals immer noch unter Waffen standen, vor die Tür setzen. Es gab Putschgerüchte. Zudem verfügten diese Leute über brisantes Wissen, das auch Modrow, Gysi und Gefolgsleuten zum Verhängnis werden konnte. Ein großer Teil der Erneuerer war, wie wir heute wissen, durch die Stasi-Akten potentiell diskreditierbar.[16]

Anfang Dezember gab es also allen Grund, die Situation eher zu entspannen, als sie weiter anzu­heizen. Die SED hätte ja auch vollkommen erodieren und hinweggefegt werden können. In einer Art Verzweiflungstat waren am 3. Dezember Zentralkomitee und Politbüro samt Generalsekretär Egon Krenz, also die gesamte Führung der Millionenpartei, zurückgetreten. Die SED hing in der Luft, die Macht lag auf der Straße.[17] Wer da noch Öl ins Feuer gegossen hätte, hätte alles riskiert.

Modrow und denen, die die SED erneuern und damit retten wollten, musste daran gelegen sein, als Krisenmanager aufzutreten, die zudem besser waren als ihre Vorgänger. Genau diese Strategie schlugen Hans Modrow, Markus Wolf und Gregor Gysi, der in diesen Tagen endgültig die politische Bühne betrat, ein. Sie versuchten zu deeskalieren und zu integrieren.

 

III.

Wie war nun die Situation unmittelbar vor den Stasi-Besetzungen am Wochenende, dem 2. und 3. Dezember?

Die Bürger veranstalteten eine Großdemonstration entlang der Fernstraßen quer durch die DDR, Hunderttausende bildeten Menschenketten. In Berlin tagten Künstler und Intellektuelle im Friedrich­stadtpalast. In Grünheide vor den Toren der Stadt trafen sich die Gründer des Neuen Forums, das erste Mal seit ihrem Aufruf, um die Lage zu analysieren.[18]

Da platzte die Bombe, übertragen in den Fernsehnachrichten: SED-Devisenjongleur Schalck-Golodkowski hatte sich in den Westen abgesetzt. – Es ist heute schwer zu erklären, was die DDR Bürger damals fast in Hysterie versetzte. Es war, als ob Schalck nicht nur mit dem Staatsschatz der DDR, sondern auch noch mit dem Spargroschen jedes einzelnen DDR-Bürgers das Weite gesucht hätte. Summen von 100 Milliarden DM machten damals die Runde.

Im Friedrichstadtpalast bei den Initiatoren der Berliner Demonstration vom 4. November forderte man mit markigen Worten die Auflösung der SED.[19] Das Neue Forum in Grünheide trieb zweierlei um: Wie können Volksvermögen und Akten gesichert und gleichzeitig verhindert werden, dass eine unkon­trollierbare Situation entsteht? Bärbel Bohley und ihre Mitstreiter befürchteten, dass die Leipziger Montagsdemonstranten am Anfang der kommenden Woche die »Runde Ecke«, die Stasi-Bezirksver­waltung, erstürmen könnten. Die Antwort hieß Volkskontrolle. Ein Aufruf wurde verfasst, Kontroll­gruppen sollten sich bilden. Gedacht war keineswegs primär an die Stasi. Eher an die Wirtschaft, vielleicht auch an die SED, an all das, wo es Werte und Akten zu verteidigen galt. Der linke Flügel des Neuen Forums sah darin sogar den Anfang eines Rätemodells, die Übernahme von Wirtschaft und Staat durch Räte.[20]

In den kommenden 24 Stunden entwickeln sich Aktivitäten auf vier Ebenen:

1. Ein Vertreter des Neuen Forum telefoniert mit allen Kontaktleuten in den Bezirken und diktiert den Aufruf durch. Es ist der Erfurter Mathias Büchner. Wen wundert es, dass in Erfurt der Aufruf besonders genau genommen wird. 3 700 Mal wird der Text gedruckt und nachts verteilt. Das Vorspiel zur ersten Stasi-Besetzung am Montag-Mittag.[21]

2. Die Bezirke sind durch die Berliner Anrufe, durch Meldungen über Schalck und Rauchsignale aus den Stasi-Komplexen alarmiert. Auch in Suhl kennt man Büchner gut, auch dort sind die Bürgerrechtler höchst aktiv. In anderen Städten, in Cottbus etwa oder in Schwerin, ist die Resonanz verhaltener, aus verschiedenen Gründen.[22]

Doch es gibt noch einen dritten und vierten Strang, die Verbindung zu Regierung und der Stasi selbst:

3. Besorgte Künstler aus dem Initiatorenkreis der Großdemonstration vom 4. November und Vertreter des Neuen Forum gehen auf Modrow zu. Sie treffen ihn Sonntag-Nacht, beknien ihn, die Aktenvernichtung zu stoppen und eine unabhängige Untersuchungskommission zu bilden, die sich der Stasi-Machenschaften annehmen soll. Modrow sagt den Untersuchungsausschuss ebenso zu wie eine Gesprächsrunde mit der Regierung für den Folgetag, Montag, den 4. Dezember.[23]

4. Parallel ist Bärbel Bohley aktiv. Sie versucht Anwalt Gregor Gysi zu erreichen, zu dem sie damals noch Vertrauen hat. Statt Gysi erreicht sie zunächst Markus Wolf, mit dem sie die Lage beredet.[24] Im Laufe der Nacht scheint sie Gysi doch noch telefonisch erreicht zu haben. Modrow habe jetzt zuge­stimmt, dass Akten nicht weiter vernichtet würden und dass eine Bürgerdelegation die Leipziger Stasi-Zentrale besuchen dürfte, soll Gysi gesagt haben. Er soll Bohley eindringlich gebeten haben, alles zu tun, damit es nicht zur Gewalt kommt. »Sonst bekommen wir eine andere Regierung«, soll Gysi orakelt – oder sollte man sagen: gedroht? – haben.

 

IV.

Ob Gregor Gysi das wirklich gesagt hat, ist nicht bekannt[25], doch existiert ein Mitschnitt, der belegt, dass Bärbel Bohley es telefonisch so weiterleitet.[26] Sie telefoniert am 4. Dezember mehrfach mittags mit Mitgliedern des Neuen Forums in Leipzig und appelliert an sie – mit der Warnung Gysis als Argument –, alles zu verhindern, dass die Montagsdemonstration am Abend aus dem Ruder läuft. Bürgerrechtler und SED-Mitglieder sollen gemeinsam die Stasi-Bezirkszentrale besuchen, begleitet von einem Team der DDR-Tagesschau, der Aktuellen Kamera. Damit soll der Eindruck erweckt werden, alles sei unter Kontrolle, um so die Volksseele zu beruhigen. – Am Abend kommt es tatsächlich im Wesentlichen so, wie von Bohley vorgeschlagen.[27]

Während ihrer Telefonate verfassen die Künstler und andere vom Neuen Forum am Montag-Morgen einen gemeinsamen Aufruf. Mit diesem Text in der Tasche treffen einige zunächst auf eine hohe Regierungsdelegation mit einem Vertreter Modrows, dabei auch der damalige Innenminister und Chef der Volkspolizei, Lothar Arendt. Hier wird das Konzept »Sicherheitspartnerschaft« für den Tag festgelegt, die Zusammenarbeit von Polizei und Demonstranten. Der Innenminister leitet dies um 15 Uhr in die Bezirke weiter.[28]

Auch Generalsstaatsanwalt Günter Wendland verkündet am 4. Dezember überraschend, dass Aktenvernichtungen strafbar seien.[29] Damit gibt er der Polizei und den Staatsanwaltschaften die legale Handhabe, nach Anzeigen von Bürgern in MfS-Dienststellen einzudringen. – Es ist kaum denkbar, dass ein Generalstaatsanwalt der DDR eine solche Ankündigung ohne Rückkopplung nach oben machte.

Mittags treffen die Berliner Bürgerbewegten – mit dabei Anwalt Wolfgang Schnur – Stasi/Nasi-Chef Wolfgang Schwanitz. Der erhält parallel die Meldung von der ersten Besetzung in Erfurt. Vermutlich weiß er auch von der Kompromissbereitschaft des Innenministers. Mit diesem und mit Schwanitz konferiert jedenfalls Markus Wolf am Montag telefonisch.

Um weiteren Besetzungen vorzubeugen, sagt Schwanitz zu, die Aktenvernichtungen zu stoppen. Er schickt ein entsprechendes Fernschreiben in die Bezirke. Doch er schickt – bisher wenig wahrgenom­men – noch ein weiteres Telex. Darin ist von einer Absprache der Bürgerrechtler mit der Stasi die Rede. Demnach solle der Aufruf der Bürgerrechtler mit Hilfe der Stasi über deren Medienkontakte republikweit verbreitet werden.[30]

Schwanitz beauftragt also seine Bezirksverwaltungen, den Aufruf weiterzuleiten, Bürger-Kontroll­gruppen zu bilden. In dem Aufruf steht die Nummer eines Berliner Koordinierungstelefons, vor Ort soll die Nummer der örtlichen Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BDVP) ergänzt werden! – Hat also – überspitzt gefragt – die Stasi selbst zu ihrer Besetzung aufgerufen? Die Weisungslage ist durchaus widersprüchlich. Es gibt auch ein Telex, wonach die AfNS-Diensstellen – allerdings ohne Waffeneinsatz – unbedingt zu halten seien.[31]

Fest steht: Es gab zentralstaatliche Weisungen für Polizei, Staatsanwaltschaft und Stasi in der Provinz, um die Lage abzufedern. Die Stasi-Offiziere vor Ort konnten, wenn sie schnell reagierten, selbst aus dieser prekären Situation noch Vorteile ziehen: Sie wusste früher, was vor Ort geschehen würde; sie konnten sich vorbereiten und an der Dramaturgie mitschreiben; sie konnten in der Zwischenzeit die wichtigsten Akten verschwinden lassen oder irgendwie sichern; sie konnte die künftigen Bürgerkomitees infiltrieren; sie konnte sich relativ sicher fühlen, dass der Volkszorn sich nicht direkt gegen sie wenden, sondern abgepuffert würde, durch Volkspolizei und (Militär‑) Staatsan­waltschaft, die im Rahmen der Sicherheitspartnerschaften immer dabei sein würden.

 

V.

Streng genommen findet die einzige authentische Besetzung in Erfurt am Montag-Mittag, am 4. Dezember, statt, vielleicht auch noch in einer der über 200 Kreisdienststellen. Bei allen anderen mischt der Staat schon mit. Leider ist bisher kein einziges Bürgerkomitee seriös auf Stasi-Durchdringung untersucht worden. Es wird gemunkelt, in Dresden und Erfurt sei die besonders schlimm gewesen. Aber das sind bislang rein spekulative Behauptungen.[32]

Nimmt man den Begriff »Besetzung« wörtlich, nämlich als »gesetzeswidrige Inbesitznahme«, so trifft er den Kern der Sache eigentlich nicht. Das Eindringen der Bürger wird staatlich geduldet, um nicht zu sagen: legitimiert. An vielen Orten kann auch von Besitznahme nicht die Rede sein, da die Bürger nach der Versiegelung der Räume durch die Staatsanwälte (zunächst) wieder abziehen. Die Versiegelung ist ja nicht nur ein Schutz gegen die Vernichtung der Akten, sondern auch gegen die Akten-Einsichtnahme durch die Bürger. Mehrere Ämter arbeiten sogar eingeschränkt weiter.[33]

Zudem gab es Orte, wo die Staatsmacht deutlich in der Vorhand war. In Cottbus stand die Staatsanwaltschaft samt Polizei einem Bürger vom Neuen Forum und zwei Gewerkschaftsvertretern vor der Tür der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, die voll unter Waffen (im Schnitt fast zwei Waffen pro Person) stand – und nahm sie unter Kontrolle. In Schwerin kam es am 4. Dezember zu einer Protestdemonstration vor der Bezirksverwaltung, doch die Demonstranten zogen wieder ab. Erst zwei Tage später, am 6. Dezember, soll die BDVP selbst zur Begehung des MfS aufgerufen haben.[34]

Eine Typologie des Geschehens an den 200 – 250 Orten mit Stasi-Objekten müsste sich an den Polen Erfurt einerseits und Cottbus, Schwerin, Gera andererseits orientieren. Nur in Erfurt trauen sich die Bürgerrechtler, allein gegen die Stasi vorzugehen. Überall sonst beziehen sie deeskalierend Staatsanwaltschaften und Polizei zur Strafvereitelung ein. Mancherorts folgen sie diesen gar – etwa in Schwerin, Gera, Berlin und Cottbus.

Zwar hätte im die Staatsgewalt Herbst ’89 ohne den Massenprotest keinesfalls nachgegeben, doch eine »Besetzung« oder gar »Erstürmung« – im klassischen Sinne des Sturms auf die Bastille etwa – ist etwas anderes. Tatsächlich wird versucht, durch die »Besetzungen« der Stasi-Dienststellen die Massenproteste umzulenken, abzufedern, sie ins Leere laufen zu lassen. Am deutlichsten wird dies in Berlin: Nach einem Protest vor der Zentrale des AfNS in der Normannenstraße wird am 6. Dezember eine Bürgerdelegation empfangen, ein erneutes Gespräch – mit dem Bürgerrechtler Wolfgang Ullmann von »Demokratie jetzt« – für den Folgetag vereinbart – mehr geschieht vorerst nicht. Am 17. Dezember darf eine weitere Delegation, ein Kontrollausschuss, die Bezirksverwaltung Berlin in Friedrichsfelde besuchen – gegründet auf eine Regierungsinitiative mit Hilfe des Polizeipräsidiums.[35] Im Prinzip funktioniert die Stasi-Zentrale in Berlin weiter bis zum 15. Januar – zum großen Ärger der Provinzkomitees.

Und an jenem Tage wird der Komplex in der Normannenstraße nicht einfach durch eine Demon­stration besetzt, wie man bis heute lesen kann. Das Strickmuster ähnelt vielmehr dem vom Dezember: Am 13. Januar gibt Modrow das AfNS auf. Tags darauf beschließen die Bürgerkomitees aus der Provinz, die Stasi/Nasi in Beschlag zu nehmen. Am Morgen des 15. Januar begibt sich ein Teil der Provinzko­mitees an den zentralen Runden Tisch und verkündet dort via Fernsehen die Übernahme des Amtes, der andere Teil vereinbart eine Sicherheitspartnerschaft. Am Nachmittag verhandeln die Bürgerkomi­tees mit dem Leiter des Amtes für Nationale Sicherheit, Heinz Engelhardt, die Übergabe; als die Demonstranten, aufgerufen vom Neuen Forum, in der Ruschestraße stehen, wird das Tor auf Geheiß der Bürgerkomitees geöffnet.[36]

 

VI.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass es nicht den ursprünglichen Interessen von Modrow entsprochen haben kann, die Stasi aufzugeben. Doch er gab nach, opferte das Amt für Nationale Sicherheit vor allem in den Kreisen, wo es ja ohnehin aufgelöst werden sollte. In den Bezirken hoffte man zunächst, weitermachen zu können – auch nach dem 4. Dezember. Bei alledem sollte offenkundig der Anschein erweckt werden, als löse Modrow das Problem Stasi zusammen mit den Bürgern, gemeinsam mit Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Sicherheitspartnerschaft – zusammen mit dem Neuen Forum und allen Sozialismus bejahenden Kräften, nicht der SDP! – hatte Hans Modrow im Gespräch mit der Stasi-Generalität 14 Tage zuvor als das Konzept gerühmt, das die Bürgerrechtsbewe­gung durch Einbeziehung in die Verantwortung entzaubern und die Partei wieder in die Offensive bringen sollte – eine Weiterentwicklung der Krenzschen Dialog-Strategie.[37]

Das Konzept der Sicherheitspartnerschaft hatte also auch eine eminent politische Komponente. Es sollte suggeriert werden, dass die vermeintlichen Kräfte der Erneuerung unter Einschluss der SED zusammen mit der VP den Einfluss der Stasi eindämmten.

Um diese Strategie umzusetzen, bedurfte es allerdings auch entsprechender medialer Interpretatio­nen. So berichtete die Aktuelle Kamera um 17 Uhr und 19.30 Uhr am 4. Dezember auf eine Art, als machten Bürgerrechtler und SED plötzlich gemeinsame Sache. Das war keine schlechte Story – so kurz nach dem Rücktritt des ungeliebten Egon Krenz. Passgerecht wurde am Folgetag, den 5. Dezember im Neuen Deutschland und in anderen Zeitungen ein Aufruf veröffentlicht, Bürgerkomitees zu bilden. Es war der erste Aufruf, in dem dieser Begriff auftauchte: »Die ernsten Regierungsgeschäfte können nicht länger ohne die Bürgerbewegungen vonstatten gehen. Die Bürgerkomitees in Stadt und Land sollten in einer Sicherheitspartnerschaft mit den staatlichen Organen zunächst Kontrollaufgaben wahrnehmen, Beweismaterial sichern und bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mitarbeiten.«[38] Der Aufruf ist nicht nur von Kirchenleuten, Intellektuellen und Künstlern unterschrieben, sondern auch von Gregor Gysi und Wolfgang Berghofer.[39]

Initiiert worden ist der Aufruf durch Markus Wolf und die provisorische SED-Führung des Arbeits­aus­schusses. So beschreibt Wolf es in seinen Erinnerungen. Er und andere aus dem Arbeitsausschuss hätten die Unterschriften von Christa Wolf und anderen besorgt.[40] Wenn man die lange Unterschrif­tenliste und die Produktionsabläufe des ND berücksichtigt, muss der Aufruf spätestens am Nachmittag des 4. Dezember, also vor den meisten Stasi-Besetzungen, entstanden sein. Er erinnert an den Aufruf »Für unser Land«, wirkt wie eine modernisierte Neuauflage der Nationalen Front, just zu jenem Zeit­punkt, als die alte auseinander gebrochen war. Die Stasi-Sicherheitspartnerschaft wird so zum Vorspiel des zentralen Runden Tisches, an den sich zwei Tage später die neuen Kräfte mit den alten setzen. Verglichen mit der Zeit vor dem 9. Oktober ist das zwar ein Zugeständnis der SED, doch es ist auch ein Stück Rehabilitierung: Volkspolizei, Staatsanwaltschaft, SED und Blockparteien werden nun von den Bürgerrechtlern als gleichberechtigte Gesprächspartner akzeptiert, statt aus den Ämtern gejagt zu werden. Damit beginnt der Aufstieg der Blockparteien und der Niedergang der Bürgerbewegten.

 

 

VII.

Zunächst geht es um PR. Die Kontrolle über die Medien ist zwar lockerer geworden,[41] aber nicht gänzlich verloren.

Den Nachrichtenredakteur des Berliner Rundfunks, dem der Stasi-Mitarbeiter über Aktenvernich­tungen berichtete, erreichte folgende Bitte aus dem Zentralkomitee: [42] »Die Berichterstattung des Rundfunks, die vielen Nachrichten und Berichte über die Stasi, über verschwundene Unterlagen, Gelder, Werte – man möge doch damit Schluß machen. So was heize die Stimmung nur an.«

Überall in den Medien sitzen noch die alten Entscheider. Die Regierung Modrow verfügt über ein nach wie vor einflussreiches Presseamt. Mit diesem verbunden ist ADN, die einzige Presseagentur der DDR. Das spiegelt sich in den größten Zeitungen in der Provinz, den SED-Zeitungen, in denen ADN die Nachrichtenplätze monopolartig beherrscht.[43]43 Die Rostocker Ostsee-Zeitung zum Beispiel bringt am Montag, den 4. Dezember, zwar sieben Meldungen über das regional bedeutsame Thema IMES und Schalck, diese aber keineswegs groß aufgemacht auf der Titelseite. Dort finden sich in einer Zusam­menschau Berichte über den Rücktritt von SED-Zentralkomitees und des SED-Politbüros unter der Überschrift: »Basis forderte Rettung und Erneuerung der SED«, dann ein Beitrag mit Titel »Epoche des kalten Krieges von neuer Ära abgelöst« und einer über die Menschenkette quer durch die DDR mit den Konnotationen »Aus Sorge um die Zukunft des Landes« und »Lichter als Zeichen der Heimatliebe«.

Die IMES- und Schalck-Meldungen – verstreut im Innenteil des Blattes – erweisen sich zumeist als angebliche Beweise energischen staatlichen Handelns. Diese Linie setzt sich am 5. Dezember fort – und zwar in allen SED-Zeitungen der DDR. Die Provinzzeitungen schreiben wenig selbst, allenfalls über lokale Ereignisse. Sie übernehmen ADN-Meldungen aus Berlin und arrangieren sie bloß. Das Bild in den SED-Zeitungen wirkt dadurch zwar auf den ersten Blick verschieden, tatsächlich aber ist der Inhalt relativ konform.

Von Ereignissen aus anderen Regionen, der Besetzung in Erfurt oder Leipzig, findet sich in den SED-Zeitungen des Nordens vom Dienstag nichts. So meldet die Schweriner Volkszeitung am 5. Dezember: »Amt für nationale Sicherheit übermittelt Aufruf«, dokumentiert den von Wolfgang Schwanitz am Vortag übermittelten Aufruf und versieht ihn mit dem beruhigenden Zusatz: Schwanitz »setzte seine Gespräche mit den Vertretern der Bürgerrechtsbewegungen fort«. Und für die Stadt selbst berichtet die Volkszeitung, es führten »Vertreter des Bezirksamtes Schwerin mit kompetenten Vertretern der Bürgerrechtsbewegungen Gespräche«, gefolgt von einer »Gegendarstellung des Neuen Forums«, worin sich dieses vom Zehn-Punkte-Plan Helmut Kohls distanziert.

So geht es die Woche über weiter – in der gesamten DDR, mit Überschriften wie »Besonnenheit ist das Gebot der Stunde« oder »Schonungslose Aufdeckung von Amtsmissbrauch und Korruption« und Meldungen über eine »gemeinsame Untersuchungskommission von Regierung und demokratischen Gruppen«. Von selbstständigen Bürgeraktionen erfährt man so gut wie nichts; das Wort »Besetzung«, »Erstürmung« oder Ähnliches fällt nie, man »begeht«, man »besichtigt«. Viel ist vom Handeln der staatlichen Stellen die Rede, von Regierung, Polizei, Staatsanwaltschaft, die versiegelt, sichtet, sichert – oft Hand in Hand mit den Bürgern.

Aus der Beinahe-Konfrontation von Staat und Bevölkerung vom 3., 4., 5. Dezember wird somit ein PR-Coup der Regierung. Nach dem Sumpf von Amtsmissbrauch, Korruption und Aktenvernichtung, kulminierend in der Causa Schalck, so lautet die Botschaft, räumt die Regierung Modrow gemeinsam mit den Bürgern auf. Stück für Stück lässt Modrow dafür die Stasi im Stich, bis zur Totalauflösung ab Januar 1990: »Der Hans, der kann’s!« – Das Bild vom bescheidenen, sauberen Genossen Modrow war in Berlin schon geraume Zeit gestreut worden.[44] Hans Modrow war einige Jahre (1971 – 1973) ZK-Sekretär für Agitation und Propaganda gewesen– er verstand etwas von diesem Geschäft. Die PR-Aktion in der ersten Dezember-Woche bildete das propagandistische Vorspiel zur Konstituierung des Runden Tisches und zum SED-Erneuerungsparteitag am 7. bzw. am 8. Dezember.

In diesem Lichte betrachtet, erscheint die Berghofer-These durchaus einen Sinn zu ergeben. Modrow hat die Stasi-Besetzungen sicher nicht gewollt oder gar erfunden. Als sie aber unvermeidlich wurden, ist er zurückgewichen, hat die Stasi hängen lassen – später opfert er sie sogar ganz – und versucht, die Geschehnisse zu seinen Gunsten zu kommunizieren. Das hat zwar weder die DDR noch die Vormachtstellung der SED gerettet. Aber beide sind nicht ganz verschwunden. Die eine existiert weiter in vielen Köpfen, und der Partei geht es so schlecht nicht.

 

Epilog

Wenn es nach den Vorstellungen von Modrow und Genossen gegangen wäre, hätte man die Kreisdienststellen für Staatssicherheit geopfert, die Bezirksverwaltungen und das Ministerium aber als Verfassungsschutz und Nachrichtendienst einer souveränen DDR weiter betrieben. Die Pressemateri­alien für die erneuerte Stasi lagen schon vor.[45] Die brisantesten Akten sollten noch am 7. Dezember vernichtet[46] oder von Staatsanwälten, vor allem Militäranwälten, als Staatsgeheimnisse geborgen werden. Dank des Beharrungsvermögens der Bürgerkomitees kam es jedoch anders:

Die eigentliche Besetzung fand gewissermaßen nach der Besetzung statt. Die Bürger blieben dauerhaft in den Bezirksämtern für Nationale Sicherheit.

In der Vergangenheit ist über der Euphorie der Stasi-Beseitigung und der Aktenöffnung die Strategie von oben vernachlässigt worden; nun sollte man nicht in den umgekehrten Fehler verfallen, die Aktivitäten »unten« als reines Marionettenspiel einzuordnen. Von den Tausenden, die Anfang Dezember vor den Gebäuden des MfS/AfNS standen, das noch martialisch bewaffnet war, wussten nur sehr wenige von den Berliner Szenarien.

 


[1] Überarbeitete Fassung eines Vortrag, gehalten in der Dokumentations- und Gedenkstätte der Außenstelle der BStU in Rostock, 3.12.2009.

[2] Im ORB, 20.1.1996, zit.: Michael Richter, Die Staatssicherheit im letzten Jahr der DDR, Weimar u. a. 1996, S. 82.

[3] Freie Erde, 6.12.1989.

[4] Reinhard Grimmer u. a. (Hg.), Die Sicherheit, Bd. 1, Berlin 2002, S. 13, 26, 16.

[5] »Wenn wir die Partei retten wollen, brauchen wir Schuldige«. Der erzwungene Wandel der SED in der Revolution 1989/90, in: Jb. f. Historische Kommunismusforschung 2007, Berlin 2007, S. 408 f.

[6] Gregor Gysi bestreitet juristisch, dabei gewesen zu sein; in sich widersprüchlich ist die Chronologie: ebd., S. 405, 408. Vgl. Markus Wolf, Im eigenen Auftrag. Bekenntnisse und Einsichten, München 1991; Hans Modrow, Aufbruch und Ende, Hamburg 1991, S. 371.

[7] Hans-Hermann Hertle/Gerd-Rüdiger Stephan (Hg.), Das Ende der SED. Die letzten Tage des Zentralkomitees, Berlin 1997; Ilko-Sascha Kowalczuk, Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR, München 2009; vgl. Christian Booß, Der Sonderparteitag der SED im Dezember 1989, in: DA 42 (2009) 6, S. 993 – 1002.

[8] Eberhard Czichon/Hans Marohn, Das Geschenk. Die DDR im Perestroika-Ausverkauf, Köln 2009; vgl. Andreas Bönte/Ralf Georg Reuth, Das Komplott, München 1993.

[9] Der Spiegel, 47/1989, S. 49 – 59.

[10] Interview d. Vf. mit dem örtlichen Tischler und Initiator Herbert Blaschek, Dez. 2009; Richter (Anm. 2), S. 65.

[11] Schweriner Volkszeitung, 6.12.1989.

[12] E-mail an d. Vf. v. Jan. 2010; Richter (Anm. 2), S. 74.

[13] So die Charakterisierung der Stasi-Generalität selbst, in: Grimmer u. a. (Anm. 4), S. 21.

[14] Walter Süß, Staatssicherheit am Ende. Warum es den Mächtigen nicht gelang, 1989 eine Revolution zu verhindern, Berlin 1999, S. 519 ff, 533 ff; Grimmer u. a. (Anm. 4), S. 25; Protokoll der Amtseinführung von AfNS-Chef Wolfgang Schwanitz, 21.11.1989, www.bstu.bund.de/cln_012/nn_712118/DE/MfS-DDR-Geschichte/Geschichte-der-DDR/Revolutionskalender/November-1989/Dokumentenseiten/21-November/21__nov__text.html__nnn=true (4.1.2010).

[15] »Wenn wir die Partei …« (Anm. 4), S. 416.

[16] Zum Arbeitsausschuss gehörten u. a. Heinz Vietze, Dieter Klein, Michael Schumann, Lothar Bisky, Wolfgang Berghofer.

[17] Christian Booß, Der Tag, als die Macht auf der Straße lag, in: Der Tagespiegel, 4.12.2009.

[18] Irena Kukutz, Chronik der Bürgerbewegung Neues Forum, Berlin 2009, S. 107 f.

[19] Reinhardt Schult u. a. im Interview m. d. Vf., Nov. 2009.

[20] Klaus Wolfram i. Interview m. d. Vf., Aug. 2009; vgl. Kukutz (Anm. 18), S. 107 f.

[21] Matthias Büchner, i. Interview m. d. Vf., Nov. 2009.

[22] Ebd.

[23] Martin Gutzeit, o. T., unveröff. Ms., Berlin 2007. Zur Debatte um die Funktionalisierung der Bürgerkomitees, die Gutzeit zusammen mit Michael Beleites erneut angeschoben hat, vgl. Sven Felix Kellerhoff, Hat die Stasi ihre Besetzungen selbst inszeniert?, in: Die Welt, 2.12.2009.

[24] Wolf (Anm. 6), S. 292.

[25] Vgl. dazu die Darstellung von Gregor Gysi in: Ders./Thomas Falkner, Sturm aufs große Haus. Der Untergang der SED, Berlin 1990, S. 97.

[26] Der Filmemacher Klaus Freymut † vom Neuen Forum hat die Telefonate auf Video dokumentiert. Video und Abschrift im Matthias Domaschk-Archiv Berlin.

[27] Vgl. Tobias Hollitzer, »Wir leben jedenfalls von Montag zu Montag«. Zur Auflösung der Staatssicherheit in Leipzig, Berlin 2000. Hollitzer verweist im Gegensatz zu Gutzeit/Beleites auf die eigenständige Entwicklung vor Ort, wo es trotz Deeskalationsstrategie von oben zu einem zähen Ringen zwischen Bürgern und Offizieren in der BV kam.

[28] Gutzeit (Anm. 23).

[29] Richter (Anm. 2), S. 77.

[30] Ebd., S. 76 f; Süß (Anm. 14), S. 615. – Reinhard Schult bestreitet, dass es eine allgemeine Absprache gegeben habe, es sei nur von Leipzig die Rede gewesen, Interview mit dem Autor November 2007; Schwanitz, Fernschreiben an die Leiter der BfNS, 4.12.1989, 15.30 Uhr, www.bstu.bund.de/cln_012/nn_712118/DE/MfS-DDR-Geschichte/ Geschichte-der-DDR/Revolutionskalender/Dezember-1989/Dokumentenseiten/04-Dezember__d/04__dez__d____text.html__nnn=true (4.1.2010).

[31] Dass., 4.12.1989, 16.25 Uhr, www.bstu.bund.de/cln_012/nn_712118/DE/MfS-DDR-Geschichte/ Geschichte-der-DDR/Revolutionskalender/Dezember-1989/Dokumentenseiten/04-Dezember__e/04__dez__e____text.html__nnn=true (4.1.2010)

[32] Richter (Anm. 2), S. 79.

[33] Ebd., S. 100

[34] Martin Klähn, Neues Forum Schwerin, i. Interview m. d. Vf., Nov. 2009; SVZ, 6.12.1989.

[35] Jens Schöne, Erosion der Macht. Die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin, Berlin 2004, S. 36 – 38.

[36] Christian Booß, Ende einer Dienstzeit. Zeitzeugenpodium im Rahmen einer Veranstaltung der BStU, Jan. 2005. Vgl. Süß (Anm. 14), S. 728.

[37] Dienstbesprechung anläßlich der Einführung von Schwanitz als Leiter des AfNS, 21.11.1989, www.bstu.bund.de/cln_012/nn_712118/DE/MfS-DDR-Geschichte/Geschichte-der-DDR/Revolutions kalender/November-1989/ Dokumentenseiten/21-November/21__nov__text.html__nnn=true (4.1.2010).

[38] Neues Deutschland, 5.12.1989.

[39] Vgl. Süß (Anm. 14), S. 614; Richter (Anm. 2), S. 76.

[40] Wolf (Anm. 6), S. 294.

[41] Günter Schabowski i. Interview m. d. Vf., Jan. 2009.

[42] Gysi/Falkner (Anm. 25), S. 92.

[43] Lt. Auswertung der SED-Bezirkszeitungen dieser Tage durch d. Vf. beruhten die Berichte über die hier geschilderten Geschehnisse ganz überwiegend auf denselben ADN-Vorlagen. Differenzierter berichten Zeitungen der Blockparteien.

[44] Vgl. das Modrow-Porträt von Jürgen Leinemann, in: Der Spiegel, 49/1989, S. 30 – 32.

[45] Amt f. Nationale Sicherheit, Fakten und Argumente, 4/1989, dem Vf. anlässlich einer Begehung des Bezirksamtes Berlin des AfNS von einem Presseoffizier übergeben, Dez. 1989.

[46] Vgl. Süß (Anm. 14), S. 643; Modrow bestreit später, diesen Befehl veranlasst zu haben: vgl. Richter (Anm. 2), S. 96. – Übersehen wurde bisher, dass am gleichen Tag auch von der SED ein Befehl zur Aktenvernichtung erging – offenbar, um nach Krenz’ Rücktritt als Vorsitzender von Staatsrat und Nationalem Verteidigungsrat die Verbindung zwischen SED und MfS im Rahmen der Notstandsplanung aufzuheben und zu verschleiern: BArch, DY 30/825.