Appell der GfZ: weiter gemeinsam an der Konzeption arbeiten!

Die Gesellschaft für Zeitgeschichte bedauert die neuerliche Zuspitzung um das Konzept zur Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße Erfurt, sie ist um so unverständlicher, als die Erarbeitung des Konzeptes und die Bauarbeiten auf einem guten Weg sind.  

Joachim Heise vom Freiheit e.V. kritisierte am heutigen 3. Februar 2011, dass „ihr Konzept nicht beachtet und stattdessen das einer Expertengruppe bevorzugt werde.“ Er sagte gegenüber MDR 1 RADIO THÜRINGEN, „die Opferverbände könnten dies aber nicht mittragen. Die Interessen der ehemaligen politischen Häftlinge werde darin zu wenig berücksichtigt.

Seit 1. Juni 2010 arbeitet die Arbeitsgruppe zur Entwicklung des Grundkonzeptes der Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße Erfurt, an der auch alle drei Vereine beteiligt sind. Sie hat bis Ende Juli die Grundlinien der Konzeption erarbeitet und die Kriterien für die Beauftragung zur weiteren Erarbeitung der Konzeption festgelegt. Die im März verabschiedete „Gemeinsame Erklärung“ der drei beteiligten Vereine (Freiheit e.V., VOS  und Gesellschaft für Zeitgeschichte e.V.) diente als eine der Grundlangen dafür.

Mit dem 1. Oktober wurde die Ausstellungsgestalterin, Germanistin und Soziologin Stefanie Wahl mit der weiteren Erarbeitung der Konzeption beauftragt. Trotz anfänglicher Ablehnung  sagte „Freiheit e.V.“ die weitere Mitarbeit zu.

Zur dritten Beratung der Arbeitsgruppe wurde durch „Freiheit e.V.“ ein alternatives Konzept vorgelegt, dass in die Beratungen einbezogen wurde, obwohl es weder mit der Arbeitsgruppe abgestimmt noch in die Erarbeitung Frau Wahl und die Gesellschaft für Zeitgeschichte einbezogen waren. Eine Projektgruppe, die zweimal tagte, sollte Inhalte dieses Konzeptes in die weitere Erarbeitung einbeziehen.

Am 17. Und 21. 1. teilte Herr Heise dem Staatssekretär Deufel mit:"Sie verweigern sich dem Historiker-Zeitzeugen-Konzept und haben damit die Grundlage für die weitere Mitarbeit des Vereins entzogen und wie schon mitgeteilt, die "Vereinbarung auf Mitwirkung ..." außer Kraft gesetzt."

Kulturstaatssekretär Thomas Deufel zeigte sich im Gespräch mit dem MDR THÜRINGEN überrascht: Er könne die Vorwürfe nicht verstehen. Schließlich habe sich die Arbeitsgruppe, in der auch die Opferverbände beteiligt sind, auf einen Kooperationsvertrag geeinigt. Darin seien auch inhaltliche Dinge ausgehandelt worden. Das Konzept der Freiheit e.V. ist nach Deufels Auffassung abseits dieser gemeinsamen Verhandlung aufgetaucht. Er könne es nicht akzeptieren, wenn jetzt jemand inhaltlich hinter den vereinbarten Kooperationsvertrag zurückgehen wolle. "Wenn jetzt jemand kommt und ein Konzept vorlegt, wo es nur um Haft geht, dann geht das hinter unseren Vertrag zurück." Laut Deufel sieht das bisherige Verhandlungsergebnis neben der Haft-Gedenkstätte auch die Aufarbeitung der Geschichte von Opposition und Widerstand in Thüringen vor. Damit seien die Opferverbände seiner Ansicht nach ausreichend in den Kompromiss integriert.

Als Gesellschaft für Zeitgeschichte hatten wir in einem Schreiben an den Vorsitzenden von Freiheit e.V. darauf hingewiesen, dass wir in „der gemeinsamen Erklärung … doch bereits Einigkeit darüber erzielt (hatten), dass die Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße nicht nur eine Haftgedenkstätte werden soll, sondern die Thematik SED-Diktatur sowohl Haft und deren Opfer als auch Opposition und Widerstand enthält. Wir zitieren:

‚In der Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße Erfurt sollen Zeitzeugen unter Wahrung ihrer jeweils individuellen Erfahrungen in der konzeptionellen Erarbeitung, den Ausstellungen, der Bildungsarbeit und im Dialog mit wissenschaftlicher Arbeit beteiligt sein. Zeitzeugen sind Opfer und Akteure der Überwindung der SED-Diktatur ebenso wie die Menschen. die die Folgen der SED-Diktatur im Alltag ertragen mussten; Widerstand und Opposition und Haft müssen sich wiederspiegeln"

Weiter schrieben wir: „Uns ist völlig unverständlich, wie es möglich ist, den nunmehr langjährigen Prozeß der Bemühungen aller Beteiligten um Gemeinsamkeit in der konzeptionellen Gestaltung der Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße trotz langer Aussprachen und Diskussionen in Arbeits- und Projektgruppen und dem Beirat so gründlich anders zu interpretieren, als die Mehrheit der Beteiligten und die bereits erzielte Einigkeit derart zu ignorieren.

Auf der Pressekonferenz am heutigen 4.2.2011 wurde gefordert, dass Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht den Streit zur "Chefsache" machen soll, was diese aber umgehend durch ihren Regierungssprecher ablehnte.

Wir können nur wiederholt appelieren, zu einer konstruktiven Zusammenarbeit im Interesse des gemeinsamen Anliegens zurückzukehren.

Nach Informationen des Kultusministeriums soll noch im Februar über das Konzept entschieden werden. Im ehemaligen Stasi-Gefängnis soll ein Zellentrakt authentisch wiederhergestellt und eine Dauerausstellung eingerichtet werden. Das Land stellte Investitionen in Höhe von 5,6 Millionen Euro in Aussicht.

Pressemeldung im MDR am 3. 2. 1011

Pressemeldung im MDR am 4. 2. 2011

Bericht von Frank Karmeyer TLZ  am 5. 2. 2011

Pressemeldung Neubert in dapd am 9. 2. 2011

Interview M. Sengewald GfZ in Radio Lotte Weimar (mp3 7 MB)

Lesermeinung in der Thueringer Allgemeinen vom 20.2.11

SPD-Fraktionsvorsitzender Uwe Höhn am 11.2.11