Montag, 17 Jan 2011
Gesellschaft für Zeitgeschichte


Sehr geehrter Herr Heise,

Mit Erstaunen nehmen wir zur Kenntnis, dass die 2. Beratung der Projektgruppe zu einer Aufkündigung der Zusammenarbeit führte, da wir die von Ihnen geschilderten Gründe nicht nachvollziehen können.

Sie führen aus: "Die Kündigung erfolgte ... durch Herrn Prof. Maser mit der dreisten Behauptung: "(sinngemäß) Es wird keine Haftgedenkstätte geben, das ist Mehrheitsbeschluß der AG, wir haben uns hier ausschließlich dem Thema SED-Diktatur zu widmen.", nachdem sich "Moderator" Prof. Maser zum wiederholten Male geweigert hatte, über das Konzept der Vereine VOS e.V. und Freiheit e.V. zu sprechen... " (*

In der gemeinsamen Erklärung des durch unsere 3 Vereine gebildeten Beirates (VOS e.V., Freiheit e.V. und Gesellschaft für Zeitgeschichte e.V.) hatten wir doch bereits Einigkeit darüber erzielt, dass die Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße nicht nur eine Haftgedenkstätte werden soll, sondern die Thematik SED-Diktatur sowohl Haft und deren Opfer als auch Opposition und Widerstand enthält. Wir zitieren:

"In der Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße Erfurt sollen Zeitzeugen unter Wahrung ihrer jeweils individuellen Erfahrungen in der konzeptionellen Erarbeitung, den Ausstellungen, der Bildungsarbeit und im Dialog mit wissenschaftlicher Arbeit beteiligt sein. Zeitzeugen sind Opfer und Akteure der Überwindung der SED-Diktatur ebenso wie die Menschen. die die Folgen der SED-Diktatur im Alltag ertragen mussten; Widerstand und Opposition und Haft müssen sich wiederspiegeln"

Desweiteren ist doch die Projektgruppe ausschließlich aus dem Grund ins Leben gerufen worden, um gerade die konzeptionellen Vorschläge und Gedanken von Freiheit e.V. in das Gesamtkonzept einzubinden und damit den Teil, der die Haftbedingungen und persönlichen Schicksale wiedergeben soll, authentisch und vorrangig von den Opfern selbst entscheidend mitgestalten zu lassen. Auch an dieser Stelle gab es bereits Einigkeit und wir können weder innerhalb der AG Konzept noch bei der Stiftung oder beim Kultusministerium Abweichungen davon feststellen. Wir zitieren erneut:

"Der als Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße Erfurt vorgesehene Westflügel soll folgende Gestaltung erhalten:

-          Die zu erheblichen Teilen original erhalten gebliebene Haftetage im 2. OG des Westflügels erfordert deren Erhaltung und eine sensible und zurückhaltende Gestaltung zum Ort des  Gedenkens an die Opfer der Diktatur, ergänzt mit dem Hinweis auf die Nutzung als Lager zur Erhaltung von MfS-Akten. 

-          Im 1. Obergeschoss soll durch eine Dauerausstellung zur Diktatur in der SBZ und der DDR die Aspekte von Haft, der Auseinandersetzung mit der Diktatur, deren Überwindung in der friedlichen Revolution und den Folgerungen für freiheitliche Demokratie und ziviles Engagement informiert und zur weiteren Auseinandersetzung angeregt werden.
Dabei zwingt die Fülle der Themen zu einer strengen Auswahl in der Dauerausstellung, ohne aber die Breite der Thematik zu vernachlässigen.

-          Zugleich erfordert diese Fülle die laufende Erarbeitung bzw. Einbeziehung von Sonder- und Wanderausstellungen in den anderen Bereichen sowie Möglichkeiten, sich weitere Materialien – im Bildungsbereich - zu erschließen."

Uns ist völlig unverständlich, wie es möglich ist, den nunmehr langjährigen Prozeß der Bemühungen aller Beteiligten um Gemeinsamkeit in der konzeptionellen Gestaltung der Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße trotz langer Aussprachen und Diskussionen in Arbeits- und Projektgruppen und dem Beirat so gründlich anders zu interpretieren, als die Mehrheit der Beteiligten und die bereits erzielte Einigkeit derart zu ignorieren.

Gesellschaft für Zeitgeschichte e.V.

 

(* In seiner Antwort vom 17. 1. 2011 stellte Herr Maser fest, "daß diese leider wahrheitswidrig ist, also nicht den Tatsachen entspricht! In einem bestimmten Gesprächszusammenhang in der Projektgruppe äußerte ich, daß es keine ausschließliche Haftgedenkstätte Andreasstraße nach der Mehrheitsmeinung in der AG Andreasstraße geben soll. Das ist etwas ganz anderes, als Sie, der Sie nicht Mitglied der Projektgruppe sind und nicht an dem Gespräch am 11.1.11 teilgenommen haben, behaupten. Insofern stellt Ihre eMail den groben Versuch einer Irreführung der Gremienmitglieder und der Thüringischen Landesregierung dar, den ich entschieden zurückweise."

Am 21. 1. bekräftigt Herr Heise seine Position in einem Schreiben an Staatssekretär Deufel : "Sie verweigern sich dem Historiker-Zeitzeugen-Konzept und haben damit die Grundlage für die weitere Mitarbeit des Vereins entzogen und wie schon mitgeteilt, die "Vereinbarung auf Mitwirkung ..." außer Kraft gesetzt."