Erlass des Thüringer Kultusministeriums über die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung vom ....Juni 2009.

Der Erlass zum download als PDF 100kB

Präambel

Die Landesregierung beabsichtigt, eine zukunftsfähige Struktur für die Gedenkstättenlandschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zu schaffen, indem eine selbstständige Stiftung die Zusammenarbeit und Vernetzung der Grenzmuseen und Aufarbeitungsinitiativen und –einrichtungen in Thüringen befördert. Damit soll auch die Verantwortung für die Trägerschaft des Gedenkortes und der Bildungsstätte Andreasstraße Erfurt verbunden werden. Die Stiftung soll künftig auch die Landesmittel zur Förderung für Grenzmuseen und Aufarbeitungsinitiativen auf Basis objektiver Förderkriterien ausreichen. In Vorbereitung der Gründung einer selbstständigen Stiftung soll im Geschäftsbereich des Thüringer Kultusministeriums eine unselbstständige Stiftung des öffentlichen Rechts eingerichtet werden.

Erlass des Thüringer Kultusministeriums

über die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung vom ....Juni 2009.

§ 1
Errichtung, Rechtsstellung

Der Thüringer Kultusminister errichtet unter dem Namen „Gedenken – Erinnern - Lernen. Thüringer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ eine unselbstständige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Erfurt. Sie ist eine nicht rechtsfähige Einrichtung des Landes im Geschäftsbereich des Thüringer Kultusministeriums und dem Kultusminister unmittelbar unterstellt.

§ 2
Stiftungszweck

(1) Die Stiftung hat den Zweck, für den Freistaat Thüringen die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in der Erfurter Andreasstraße der Öffentlichkeit als Gedenkort und Bildungsstätte mit der Aufgabe der politischen Bildung und der Demokratieerziehung unter Einbeziehung insbesondere örtlicher Aufarbeitungsinitiativen zu erschließen und zu betreiben. Dabei sollen der Gedenkort und die Bildungsstätte Andreasstraße als zentraler Ort der Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur in Thüringen gestaltet werden und sich besonders der Geschichte der Opposition und des Widerstandes in Thüringen annehmen. Dies wird insbesondere erfüllt durch:

a) die Ermöglichung eines würdigen öffentlichen und individuellen Gedenkens an die Opfer der SED-Diktatur,
b) die Bewahrung der noch vorhandenen Teile der ehemaligen MfS-Haftetage und die Dokumentation der spezifischen Umstände der MfS-Haft,
c) die Erarbeitung und Präsentation einer ständigen überregional bedeutsamen zeitgeschichtlichen Ausstellung unter besonderer Berücksichtigung der Geschichte von Opposition und Widerstand in Thüringen,
d) die Durchführung und Unterstützung von Bildungsangeboten zur politischen Bildung und Demokratieerziehung.

(2) Die Stiftung hat weiterhin den Zweck, einen Thüringer Geschichtsverbund zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zu befördern. Er soll den im Lande tätigen Aufarbeitungsinitiativen und -einrichtungen, Gedenkstätten und Grenzmuseen ein Forum der Zusammenarbeit bieten, unter dem sowohl die wissenschaftliche Profilierung, als auch die Professionalisierung der museologischen und geschichtsdidaktischen Arbeit angestrebt werden. Der Geschichtsverbund soll der Gewinnung von Synergien dienen und eine länderübergreifende Vernetzung erleichtern. Die Einbeziehung der Gedenkstätten zur nationalsozialistischen Diktatur soll angestrebt werden.

(3) Die Stiftung kann auch beauftragt werden, Landesmittel zur Förderung für Grenzmuseen und Aufarbeitungsinitiativen auf Basis objektiver Förderkriterien auszureichen.

§ 3
Stiftungsvermögen

(1) Das Land kann der Stiftung bewegliche oder unbewegliche Vermögensgegenstände, die zur Wahrnehmung der Stiftungszwecke erforderlich und geeignet sind, zur Verwaltung zuweisen.

(2) Das Land weist der Stiftung nach Maßgabe des jeweiligen Landeshaushalts die für die Erfüllung des Stiftungszwecks und der Verwaltung der Stiftung erforderlichen Mittel zu.

(3) Die Stiftung ist berechtigt, im Namen und im Auftrag des Landes von Dritten Nutzungsrechte und Zuwendungen, die dem Stiftungszweck zu dienen bestimmt sind, anzunehmen.

§ 4
Organisation der Stiftung

(1) Bei der Stiftung werden gebildet:

  1. der Stiftungsrat,
  2. der wissenschaftliche Beirat,
  3. das Kuratorium Aufarbeitung.

(2) Die Stiftung hat einen Direktor.

§ 5
Stiftungsrat

(1) Der Stiftungsrat besteht aus sechs stimmberechtigten Mitgliedern, und zwar:

  1. dem Thüringer Kultusminister als Vorsitzendem
  2. je einem Vertreter der Thüringer Staatskanzlei und des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit
  3. zwei Mitgliedern des Thüringer Landtags,
  4. dem Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.

Die entsendende Stelle benennt die Vertreter und für den Fall der Verhinderung einen Stellvertreter.

(2) Der Direktor sowie die Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats und des Kuratoriums Aufarbeitung oder ihre jeweiligen Stellvertreter nehmen beratend an den Sitzungen des Stiftungsrats teil. Ein Vertreter der Stadt Erfurt kann als Gast ebenfalls beratend an den Sitzungen des Stiftungsrates teilnehmen.

(3) Der Stiftungsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens vier seiner stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind.

(4) Beschlüsse des Stiftungsrats kommen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustande. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden des Stiftungsrats. Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann eine Beschlussfassung auf Anordnung des Stiftungsratsvorsitzenden auch ohne Einberufung einer Sitzung im Wege schriftlicher oder telefonischer Abstimmung erfolgen. Gegen Entscheidungen des Stiftungsrats steht den Vertretern der Landesregierung ein Vetorecht zu, wenn sie gegen Rechtsvorschriften oder gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen. In Haushalts- und Personalangelegenheiten sowie Angelegenheiten nach § 3 Abs. 3 können Beschlüsse nur mit Zustimmung der Vertreter der Landesregierung gefasst werden.

(5) Der Stiftungsrat bestimmt die Grundzüge des Stiftungsprogramms und beschließt über alle grundsätzlichen Angelegenheiten der unselbstständigen Stiftung, soweit sie nicht dem Direktor übertragen sind. Der Stiftungsrat entscheidet insbesondere über die Verwendung der Mittel ab einer in der Geschäftsordnung näher bestimmten Ausgabenhöhe, die Berufung der Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats und des Kuratoriums. Er überwacht die Tätigkeit des Direktors. Der Stiftungsrat gibt sich eine Geschäftsordnung.

(6) Der Stiftungsrat wird vom Stiftungsratsvorsitzenden nach Bedarf, jedoch mindestens einmal pro Jahr zu einer Sitzung einberufen.

(7) Nähere Regelungen können durch Verwaltungsvorschrift des Thüringer Kultusministers getroffen werden.

§ 6
Wissenschaftlicher Beirat

(1) Der wissenschaftliche Beirat berät den Stiftungsdirektor und den Stiftungsrat in allen fachlichen Fragen. Er wirkt bei allen wichtigen Maßnahmen zur Erfüllung des Stiftungszwecks mit.

(2) Der wissenschaftliche Beirat besteht aus bis zu neun sachverständigen Mitgliedern.

(3) Die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats werden durch den Stiftungsrat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gewählt, nachdem dieser Vorschläge des Direktors und des Kuratoriums eingeholt hat. Sie werden vom Vorsitzenden des Stiftungsrats berufen und abberufen. Die Amtszeit beträgt vier Jahre. Wiederwahl ist möglich.

(4) Die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. An den Sitzungen des wissenschaftlichen Beirats nimmt der Direktor mit Rederecht teil. Der wissenschaftliche Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Stiftungsrats bedarf.

§ 7
Kuratorium Aufarbeitung

(1) Um die Erfahrungen der Aufarbeitungsinitiativen zur SED-Diktatur, der Grenzmuseen und anderer Gedenkstätten in die Stiftungsarbeit einzubringen, richtet der Stiftungsrat ein Kuratorium ein. Das Kuratorium berät den Stiftungsrat und den Direktor bei der Verwirklichung des Stiftungszwecks.

(2) Das Kuratorium besteht aus sechs bis 15 Mitgliedern. Ihm gehören u. a. Vertreter der Aufarbeitungsinitiativen und –einrichtungen, der Grenzmuseen und anderer Gedenkstätten in Thüringen sowie ein Vertreter der Landeszentrale für Politische Bildung an. Vertreter überregionaler Einrichtungen können ebenfalls berufen werden.

(3) Die Mitglieder des Kuratoriums werden durch den Stiftungsrat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gewählt und durch den Vorsitzenden des Stiftungsrats berufen und abberufen, nachdem der Stiftungsrat Vorschläge der Aufarbeitungsinitiativen, der Grenzmuseen oder anderer Gedenkstätten in Thüringen eingeholt hat. Die Amtszeit beträgt vier Jahre. Wiederwahl ist möglich.

(4) Die Mitglieder des Kuratoriums wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. An den Sitzungen des Kuratoriums nimmt der Direktor mit Rederecht teil. Das Kuratorium gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Stiftungsrats bedarf.

§ 8
Direktor

(1) Der Stiftungsrat benennt den Direktor und schlägt ihn dem Thüringer Kultusminister zur Ernennung vor.

(2) Der Direktor leitet die Stiftung, führt ihre Geschäfte und vollzieht die Beschlüsse des Stiftungsrats. Er vertritt die Stiftung im Auftrag und im Namen des Landes nach außen und ist ihr Sprecher in allen grundsätzlichen Angelegenheiten. Er bereitet die Sitzungen des Stiftungsrats, des wissenschaftlichen Beirats und des Kuratoriums vor und berichtet diesen sowie dem Thüringer Kultusminister über seine Tätigkeit.

(3) Bis zur Konstituierung des Stiftungsrats bestellt das Thüringer Kultusministerium einen kommissarischen Direktor.

(4) Das Nähere kann durch Verwaltungsvorschriften des Thüringer Kultusministeriums geregelt werden.

§ 9
Haushalt, Rechnungsprüfung

Für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie für die Rechnungslegung der Stiftung gelten die Bestimmungen der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) in der Fassung vom 19. September 2000 (GVBl. S. 282) in der jeweils geltenden Fassung und die hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften. Die Jahresrechnung ist, unbeschadet der Prüfung durch den Rechnungshof nach § 111 ThürLHO, durch eine noch zu bestimmende Stelle zu prüfen.

§ 10
Ehrenamtliche Tätigkeit

Die Mitglieder des Stiftungsrats, des wissenschaftlichen Beirats und des Kuratoriums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Die Erstattung von Reisekosten und sonstigen Auslagen richtet sich nach dem Thüringer Reisekostengesetz.

§ 11
Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Erlass gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 12
In-Kraft-Treten

Der Erlass tritt am ..........… in Kraft.
Der Thüringer Kultusminister
...................................................