Pressemitteilung

Mit Unverständnis und Befremden haben wir zur Kenntnis genommen, dass mehrere Mitglieder des „Vereins Freiheit e.V.“ das einstige Stasigefängnis in Erfurt besetzt haben.

Die Gesellschaft für Zeitgeschichte e.V. distanziert sich von der Besetzung des einstigen Stasigefängnis in Erfurt und fordert den Verein „Freiheit e.V.“ auf, im Interesse der Gedenk- und Bildungsstätte diese unverzüglich zu beenden um die laufenden Arbeiten zur Errichtung nicht zu gefährden und weiter zu behindern und endlich zu einer kooperativen Zusammenarbeit zu kommen.

Seit 1999 gab es schon Bemühungen, in der ehemaligen Stasi-U-Haft-Anstalt eine Gedenk­stätte einzurichten. Konkrete Aktivitäten wurden entwickelt, als Anfang 2004 bekannt wurde, dass das Gebäude abgerissen werden soll. Das Ausstellungsprojekt „Einschluss“ wurde entwickelt und 2005 bis 2007fortgesetzt. Ehemalige Häftlinge konnten sich dadurch erstmals zusammenfinden und wurden in die Erarbeitung einer Gedenkstätten-Konzeption von Anfang an einbezogen. Der Verein Freiheit e.V. gründete sich in der Folge erst 2007 Dem Verein sind bei den verschiedenen Anhörungen, durchgeführt durch Landesregierung und der eigens eingesetzten Expertenkommission, als auch als Mitglied im "Thüringer Geschichtsverbund zur Aufarbeitung der SED-Diktatur" und im künftigen Beirat - wie anderen Vereinen und Initiativen auch - alle Möglichkeiten der Mitgestaltung gegeben.

In der ursprünglichen Version einer Trägerschaft der Gedenkstätte durch die „Stiftung Ettersberg“ war explizit ein Kooperationsvertrag vorgesehen, der im Entwurf bereits vorlag und „Freiheit e.V.“ in einem "erfahrungsgeschichtlichen Forum“ die Durchführung der Bildungsarbeit und Führungen in der Gedenkstätte in eigener Verantwortung ermöglicht hätte.

Die so vorgesehene Kooperation mit „Freiheit e.V.“ kam nicht zustande, weil dieser auf der alleinigen Trägerschaft bestand und unnachgiebig bis heute besteht. Alle Bemühungen um eine kooperative Einbeziehung sind bisher an dieser Haltung gescheitert, außerdem wurden die Errichtung der Gedenk- und Bildungsstätte immer wieder behindert und erheblich verzögert.

Eine inhaltliche Verantwortung einer politischen Bildungsarbeit zur Aufarbeitung der verschiede­nen Seiten der SED-Diktatur und deren Überwindung, die Erinnern, Gedenken und Lernen als Ziel formuliert, kann nicht allein durch ehemalige Häftlinge und Zeitzeugen eines einzigen Vereins erfolgen.

Der Umgang mit der Thematik und den verschiedenen, teils divergierenden Interessen bei Betroffenen, bei engagierten Akteuren und der Öffentlichkeit bedarf einer erfahrenen Leitung, wissenschaftlicher Fundierung, pädagogisch professioneller politischer Bildungsarbeit und einer Organisationsform, die eine kontinuierliche, weit in die Zukunft reichende Arbeit gewährleistet. Deshalb halten wir die Trägerschaft in der Stiftung „Gedenken – Erinnern – Lernen - Thüringer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ grundsätzlich für den richtigen Weg, unterstützen ihn und haben unsere Mitarbeit bereits zugesagt. Denn diese muss die Pluralität und Mitarbeit der verschiedenen Aufarbeitungsinitiativen gewährleisten.

 

Gesellschaft für Zeitgeschichte
Barbara Sengewald, Vorsitzende