TLZ-Interview zum Streit um die Aufarbeitung der SED-Diktatur am Beispiel der Erfurter Andreasstraße

Die Erfurter Andreasstraße soll exemplarisch deutlich machen, wie die SED-Diktatur funktioniert. Dafür setzen sich die Professoren Hans-Joachim Veen und Volkhard Knigge ein. Die Erfahrung der Opfer sei dafür wichtig, aber nicht einzig maßgeblich. Veen und Knigge hoffen, dass die Landesregierung jetzt zu dem Thema Klartext spricht und Entscheidungen trifft. Foto: tlz/Michaelis


TLZ HINTERGRUND Sonnabend, 23. Januar 2010

Repression ging nicht nur von der Stasi aus

Knigge und Veen fordern zukunftsweisende Gedenkstättenarbeit im Land

Von Hans Hoffmeister

Weimar. (tlz) Wie wird künftig an die Opfer der SED-Diktatur erinnert? Welche Rolle spielen dabei die authentischen Orte? Über diese Fragen ist ein Streit entbrannt, zu dem jetzt im TLZ-Interview Professor Volkhard Knigge, Direktor der Gedenkstätte Buchenwald, und Professor Hans-Joachim Veen, Vorsitzenderder Stiftung Ettersberg zur vergleichenden Erforschung europäischer Diktaturen und ihrer Überwindung Auskunft geben.

Herr Knigge, Herr Veen, wir haben ja einen neuerlichen Streit darum, wie die kritische Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur ...

Volkhard Knigge: ... und ihren Folgen in Thüringen zukunftsfest weiter entwickelt und institutio­nell gefasst werden kann. Und zwar so, dass sich ein umfassendes Bild ergibt, von all ihren Facetten und Auswirkungen, von Repression bis Widerstand, mit Thüringer Schwerpunkt natürlich, aber doch komplex. Im Moment wird aber unter Federführung der Beauftragten für die. Stasi-Unterlagen, Frau Neubert, lautstark der gegenteilige Eindruck erweckt, als sollte in diesem Prozess eine besonders engagierte Gruppe von Aufarbeitern und Opfern, ehemalige Häftlinge des auch von der Stasi genutzten Gefängnisses in der Andreasstraße in Erfurt, ausgebremst, an den Rand gedrückt und so um die Früchte ihrer Aufarbeitungsanstrengungen betrogen werden.

Was ist der Beweggrund dafür.

Hans Joachim Veen: Es geht ja hier um den Verein Freiheit e. V., der übrigens erst im Jahr 2007 gegründet wurde, also die jüngste Aufarbeitungseinrichtung ist, die wir überhaupt in Thüringen haben. Es geht darum, dass dieser sehr massiv darauf drängt, diese Gedenkstätte selber zu übernehmen, zu gestalten, zu leiten, um damit natürlich auch das Erinnern an die SED-Diktatur, die Deutungshoheit über die Geschichte in die Hand zu bekommen. Und das auf eine problematisch monopolisierende Weise.

Zunächst ist ja gegen den Gedanken nichts einzuwenden, oder?

Knigge: Nein, gegen den Gedanken ist nichts einzuwenden. Es wird aber völlig verzerrt darge­stellt, was bisher geschehen ist und was auf den Weg gebracht werden sollte. Die unterschla­gene Vorgeschichte reicht weit bis ins letzte Jahr zurück, in dein die alte Regierung, die CDU, endlich etwas getan hat, was längst überfällig war und was man im Fall der Neukonzeption BuchenwaIds bereits 1991, also vor fast 19 Jahren getan hatte.

Eine Historikerkommission zu berufen?

Knigge: Ja. Um so solide Leitlinien für die Entwicklung der Aufarbeitung der SED- Diktatur in Gesamtthüringen unter Einbezug aller Opfervertreter und aller Initiativen, die es gibt, zu gewin­nen. Bis jetzt ist man ja eher nach dem Gießkannen-Prinzip und ohne Gesamtkonzept vorge­gangen. Die Folge: Vereinzelung, fehlende Qualitätsmaßstäbe, mangelnde Unterstützung, Energie- und Wirkungsverluste. Endlich aber wurden die Grundfragen angefasst. Wie kann diese Aufarbeitungslandschaft zukunftsfähig gemacht werden? Wie verbessert man Koopera­tion und Professionalität? Welche institutionellen Strukturen braucht es?

Die dafür berufene Historikerkommission war plural besetzt, die Mitglieder nachprüfbar fachlich ausgewiesen, sie stammten aus Thüringen und darüber hinaus. Vertreter existierender Einrich­tungen und Initiativen wurden eben- so angehört wie Frau Neubert und externe Sachverstän­dige. Entstanden sind so prägnante Empfehlungen in museologischer, pädagogischer, wissen­schaftlicher und institutioneller Hinsicht, aber auch hin- sichtlich Vernetzung und Finanzierung.

  •  Klare Empfehlungen von Experten liegen längst vor

Und das hat zu einem Konzept geführt!?

Veen: Die Empfehlungen des wissenschaftlichen Expertengremiums sind am 30. September 2008 vorgelegt worden, wurden aber leider nie publiziert. Sie wurden nie öffentlich in Thüringen diskutiert, weil das Kultusministerium es damals nicht für sinnvoll hielt, obwohl viele dazu : gera­ten hatten. Denn: Ohne eine öffentliche Debatte geht es eigentlich nicht. Und die Empfehlungen sind von einer hohen und zukunftsorientierten Qualität. Sie wären es wert gewesen.

Knigge: Im Rückblick wird deutlich: Die Erfolgsgeschichte der Gedenkstätte Buchenwald wäre ohne ein solches Verfahren gar nicht denkbar. Und auch diese Empfehlungen entsprachen schlicht - dem, was heute in der Bundesrepublik "State of the Art" ist und übrigens auch vom Beauftragten für Kultur und Medien im Gedenkstätten- Förderkonzept des Bundes entspre­chend formuliert und vorausgesetzt wird.

Buchenwald ist vorgegangen...

Veen: Buchenwald ist vorgegangen und spielte in den Erörterungen des Expertengremiums zum Gedenk- und Lernort Andreasstraße selber eine Rolle. Es gab auch Anhörungen, Herr Knigge wurde in diesem Expertengremium gehört, wie alle anderen auch. Und man hat sich an dem Vorgehen von Buchenwald orientiert, sich am Ende auch konzeptionell angelehnt an das, Was man an Erfahrungen in Buchenwald hatte - auch mit Blick auf die Trägerschaft.

Knigge: Ich will noch einmal deutlich unterstreichen; was Kollege Veen gerade sagte: Auch die Aufarbeiter sind angehört worden. Und man fragt sich deshalb, warum ein Verein - dazu noch eine Spätgründung - jetzt auf einmal, wo alle ins Boot kommen und alle ernst genommen werden sollen, sich für besonders privilegiert hält und sagt: nur wir!

Inwiefern privilegiert?

Knigge: Eine Privilegierung hat insofern stattgefunden, als der Verein Freiheit e. V. in weiteren Anhörungen und direkten Gesprächen mit dem damaligen Kultusminister - Veen und ich waren teils dabei - nur noch als einziger vertreten war. Das gilt für die Anhörung im Kulturausschuss des Landtags. Dort war der Freiheits-Verein die einzige Opfervertretungsgruppe, die gehört worden ist, alle anderen waren in die zweite, dritte oder vierte Reihe gedrängt. Der Kulturaus­schuss hat sich aber den Empfehlungen angeschlossen. Auch der Wissenschaftsaus­schuss hat sich dazu bekannt und das Kabinett hat sie in einem Beschluss übernommen und gesagt: So soll man es machen. Und dann kamen die Diffamierungen - Opfer sollen enteignet werden - und Drohungen: Wir besetzen das Gefängnis usw. - und das große Einknicken kurz vor den Wahlen.

Veen: Kurz vor den Landtagswahlen übte der Verein Freiheit e. V. mit Unterstützung der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Frau Neubert, einen massiven öffentlichen Druck aus und tat alles, um eine Trägerschaft durch die Stiftung Ettersberg, die vom Expertengremium empfohlen, auch vom Kabinett beschlossen worden war, zu verhindern.

  • Die Erfahrungen der Opfer haben ein großes Gewicht

Knigge: Und alles mit, man kann es nicht anders sagen, an den Haaren herbeigezogenen "Argumenten", eben Angstmache und Drohungen. Besonders schlimm, dass man auch den Opfern mit solchen Entstellungen Angst gemacht hat. Denn es ging um nichts weniger als Enteignung oder Ausgrenzung. Ganz im Gegenteil: die Empfehlungen sahen zum Beispiel im Rahmen der Gedenkstätte Andreasstraße ein "Erfahrungsgeschichtliches Forum" vor, eigens für die unmittelbaren Zeitzeugen, eigens um deren Erfahrung in eigener Regie Ausdruck zu geben - Vorträge, Führungen, Begegnungen und so weiter. Die Erfahrung der Opfer sollen sehr sehr ernst genommen werden, aber natürlich müssen Erfahrungsgeschichte und die Erkennt­nisse der Geschichtswissenschaft seriös aufeinander bezogen werden, wenn Erinnerung Zukunft haben soll. Erinnerung ist immer ausschnitthaft und endlich.

Ohne geschichtswissenschaftliche Fundierung ist die Professionalisierung museologischer und pädagogischer Arbeit nicht zu haben. Eine Binsenweisheit. Es reicht. sich einmal in der Bundes­republik umzusehen. Wer hinter diesen Entwicklungen zurück bleiben will muss sich fragen lassen, warum er - ob er es nun will oder nicht - die kritische Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur letztendlich gefährdet.

Welche Art von Erinnerung will denn der Verein praktizieren?

Veen: Der Verein will sich im Grunde konzentrieren auf die Erinnerungen der Häftlinge an ihre Zeit und an die Stasi- Haftanstalt. Und sie will den Schwerpunkt auf eine Haftgedenkstätte legen.

Das ist erst einmal nicht verkehrt. Aber Sie wollen ganzheitlich herangehen?

Veen: Es sollte und das entsprach auch den Empfehlungen des Expertengremiums - schon eingebettet sein in eine Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur, die ja nicht nur aus der Stasi bestand, sondern ein sehr viel komplexerer Repressionsapparat war.

Zum Beispiel?

Veen: Grenzregime zum Beispiel, eine entgrenzte politische Justiz und auch die ganze Indok­trination und paramilitärische Ausbildung. die wir auf allen Ebenen - angefangen in den Schulen - hatten. Dann muss natürlich auch der Charakter dieser Diktatur herausgearbeitet: Sie war eine Ein-Partei-Diktatur. Die Fokussierung auf die Stasi zur Kennzeichnung der ganzen SED-Diktatur ist eine problematische Verkürzung.

Und jetzt gibt es eine Verhärtung der Positionen und ein Drohszenario?

Knigge: Ja, es gibt eine unproduktive Verhärtung zu Lasten der gesamten Aufarbeitungsland­schaft. Denn zur Gesamtdiagnose gehörte ja auch: Es fehlt der Leuchtturm, es fehlt das profes­sionelle Zugpferd mit landesweiter Ausstrahlung, am besten sogar mit bundesweiter Ausstrah­lung in Thüringen für diesen Bereich. Ein Leuchtturm, der die anderen nicht verschattet, der für mehr Licht für alIe sorgt.

Wie könnte der Leuchtturm aussehen?

Knigge: Eine auf hohem fachlichem Niveau arbeitende Gedenkstätte Andreasstraße mit erfah­rungsgeschichtlichem Forum, eingebunden in einen Gedenkstätten-, in einen Geschichts­ver­bund, in dem Erfahrungen ausgetauscht werden, Kooperationen entstehen und für die gemein­same Sache Öffentlichkeit und Interesse geschaffen wird. Ein Ort, an dem die Geschichte der SED-Diktatur nicht provinziell und nur in kleinen Ausschnitten, sondern mit Blick aufs Ganze am Beispiel Thüringen vermittelt wird. Ein Ort, der so auch auf die anderen Einrichtungen neugierig macht.

Veen: ... und der im Grunde Diktatur, Auseinandersetzung mit der kommunistischen Diktatur verknüpft mit der Erziehung zur Demokratie. Das ist, glaube ich, der Rahmen, in dem auch die Erfahrungsgeschichte ihren Platz hat. Diese Verknüpfung scheint uns wichtig. Und die Stiftung Ettersberg hat dazu ein Drei-Säulen-Modell entwickelt: Die erste Säule muss die Auseinan­der­setzung mit der SED-Diktatur in ihren verschiedenen Facetten sein. Die zweite Säule ist das "Erfahrungsgeschichtliche Forum" mit dem Spezifikum Stasi, besondere Rolle der Stasi, Stasi- Haft und Gedenken an die Stasi-Opfer. Und die dritte Säule muss sein - und das darf nie außer Acht gelassen werden: die Folgerungen aus der Diktatur- Erfahrung für eine junge Demokratie und die Stabilisierung dieser jungen Demokratie. Erst diese Verknüpfung "macht die Auseinan­dersetzung mit der SED-Diktatur für die Demokratieerziehung fruchtbar.

... die unverzichtbar ist, sagen Sie. Das ruft nach einer Art Vermittlung? Hat denn die Ministerpräsidentin Kenntnis von dieser Situation? Es müsste ja jemand jetzt mit Frau Neubert sprechen...

Knigge: Ich glaube, zunächst einmal müssen die Fakten auf den Tisch. Dann sieht man, das Land ist den richtigen Weg gegangen, und eigentlich bräuchte man jetzt nur noch zu handeln.

  • Jetzt ist der Kultusminister gefordert.

Veen: Es gibt die genannten Empfehlungen, und diese sind nach wie vor gut, die sind zukunfts­weisend und präzise und kompakt formuliert.

Wer hat die in der Hand, der Kultusminister?

Veen: Ja.

Also wäre Herr Matschie am Zuge?

Veen: Herr Matschie könnte diese Empfehlungen - was sein Vorgänger nicht gemacht hat - der Öffentlichkeit vorstellen. Das wäre empfehlenswert.

Notfalls präsentieren wir sie in der Zeitung. Das geht doch nicht, dass hier irgendwelche Empfehlungen geheim gehalten werden!

Veen: Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Wir haben das damals schon kritisiert und bedauern das auch heute noch. Denn sie sind von einer hohen Qualität, und es waren vorzügliche Fachleute aus ganz Deutschland beteiligt.

Warum hat man das geheim" gehalten, was denken Sie?

Knigge: Man ist eingeknickt vor diesen monströsen Drohgebärden: Besetzen, Anketten, Hunger­streik... Da schien die Zukunftsfähigkeit der Aufarbeitung offenbar zweitrangig. Man muss aber der Ehrlichkeit halber sagen, der damalige Kultusminister und der Staatssekretär Bauer-Wabnegg, der sich sehr eingesetzt hat. sind in diesen nicht öffentlichen Situationen auch unterhalb der Gürtellinie angegangen worden. Eine konstruktive Lösung war nie gewollt. Und am Ende hat man die bei den gleichwohl in eine Linie mit Mielke gestellt auf diesem Transpa­rent an der Andreasstraße. Das alles spricht doch für sich.

Veen: Das Einknicken war kurz vor der Landtagswahl und ist auch dadurch begründet. Dann wurde diese neue unselbstständige Stiftung ins Leben gerufen, um die Diskussion erst einmal zu vertagen. Und dass dieser Verein so früh in eine privilegierte Stellung kam, lag im Wesent­lichen daran,. dass die Landesbeauftragte ihr Amt in hohem Maße identifiziert hat mit dem Interesse dieses Vereins und diesem quasi "Amtshilfe" geleistet hat.

Die Landesbeauftragte will das Thema nicht ganzheitlich sehen, sie separiert es...

Veen: ... und sie möchte es zugleich einem Verein übertragen, einem von insgesamt 19 Auf­arbeitungseinrichtungen, die wir in Thüringen haben und die auch alle im Thüringer Geschichts­verbund zusammenarbeiten, den die Stiftung Ettersberg moderiert und der auch schon erste Ergebnisse erreicht hat: eine gemeinsame Werbebroschüre und einen vernetzten Internet­auftritt.

Aber die Wahl ist vorbei, wir haben eine Koalition aus CDU und SPD - jetzt wäre doch der Augenblick gekommen, das politisch zu entscheiden. Wenn schon eine neue CDU-Ministerpräsidentin und ein neuer stellvertretender Ministerpräsident, der auch Kultusminister ist, im Amt sind, kann man doch erwarten, dass die beiden das Thema voranbringen. Das ist Ihre Forderung?

Knigge: Ja. Das wäre ein großer Beitrag zur politischen Kultur. Auch deshalb, weil man doch nicht den Eindruck erwecken kann, dass man Vernunft will, dann Umfällt und damit natürlich auch das Bild vermittelt: Vernünftiges Engagement lohnt sich nicht, weil Politik am Ende vor dem Schrillsten einknickt! Mir macht auch der Eindruck Sorgen, dass Momente der DDR- Geschichtspolitik im Namen der Kritik der SED-Diktatur fortgeführt werden.

Das können Sie aber Dieter Althaus, unter dessen Federführung das stattgefunden hat, so nicht vorhalten.

Knigge: Nein, das will ich auch nicht. Aber die Art und Weise, wie Frau Neubert meint, Geschichts­bilder jenseits aller Forschungsbefunde und fairer öffentlicher Debatte verordnen und durchsetzen zu können, gibt zudenken...

Veen: ... jenseits eines offenen wissenschaftlichen Diskurses und auch der Pluralität der Aufar­beitungseinrichtungen in Thüringen. Das erleben wir im Moment.

  • Festlegung des Geschichtsbildes wie zu DDR-Zeiten

Knigge: Wie ist denn die Gedenkstätte Buchenwald in der DDR entstanden? Festlegung eines Geschichtsbildes von oben, gelenkte Diskussionen, Geschichtswissenschaft als Magd der SED, Diffamierung jeder Kritik. Und Pluralität, auch der Häftlingserfahrungen, ausgeschlossen. Keinen offenen Diskurs, kein Austausch der Argumente. Das ist Zerstörung historischer Vernunft und demokratischer Kultur.

Veen: Hier fehlt es leider an demokratischer Streitkultur! - Mit Besetzungen wird gewaltsam versucht, das Interesse eines Vereins durchzusetzen. Und die Landesbeauftragte, die ein öffentliches Amt wahrnimmt, unterstützt das auch noch. Als Trägerin eines Amtes müsste sie sich in aller Form distanzieren von den Methoden und von dem Vorgehen dieses Vereins, die auf Gewalt und Erpressung hinauslaufen und unvereinbar sind mit einem demokratischen Konfliktaustrag.

  • Althaus hat das Problem durch Stiftung verschoben

Hat Herr Althaus jemals in der ganzen Tragweite diesen komplexen Sachverhalt begriffen? Hat er den aus Rücksichtnahme wegen der Wahlen nicht anfassen wollen? Es wäre ja eine Sünde, die auch noch hinterblieben ist: Er hat ja eine Situation nicht geklärt, die längst hätte geregelt werden müssen.

Veen: Er hat versucht, dieses Problem zu verschieben durch die Gründung dieser unselbststän­digen Stiftung, die er seinen Nachfolgern hinterlassen hat.

Die hätte er gleich schon verhindern müssen?

Veen: Die hat er ja gerade unter dem Druck des Vereins und dem Druck der Landesbeauftrag­ten gegründet, um diese erst einmal zu besänftigen. Das ist ihm bis zur Wahl auch gelungen. Kurz danach standen die natürlich wieder auf der Matte und beanspruchen nach wie vor zumin­dest die De-fakto-Trägerschaft über diese Einrichtung, um ihre Vorstellungen durchzusetzen.

Gibt es in einem anderen ostdeutschen Bundesland auch so ein Problem?

Knigge: .In dieser Absurdität nicht. Denn hier sind ja die besten Voraussetzungen für vernünf­tige Entwicklung geschaffen, dann von den Landtagsauschüssen und vom Kabinett bestätigt worden. Das Land hat alles richtig gemacht und distanziert sich dann unter der Hand von dem, was es richtig gemacht hat, weil es ,nicht wagt, es durchzusetzen! So etwas hat es meines Wissens bisher nicht gegeben. Dass es Auseinandersetzungen gibt, sogar unter Betroffen, ist völlig normal.

Aber jetzt ist eine äußerste Situation eingetreten, sagen Sie. Wenn nichts geschieht, dann...

Veen: ... wird die Aufarbeitung der SED-Diktatur einem Verein überantwortet, dem das Verständnis für zeitgeschichtliche wissenschaftliche Einbettung fehlt und damit ein Projekt für viel Geld realisiert, das nicht zukunftsfähig ist.