Empfehlungen zum Gedenk- und Lernort Andreasstraße und seiner zukünftigen Position in der Thüringer Geschichtskultur

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vom 30. September 2008

Erfurt, 29.10.2008
Empfehlungen zum Gedenk- und Lernort Andreasstraße vorgelegt

Kulturminister Müller: „Vorschläge der Expertenkommission wahren Würde der Opfer und ermöglichen Lernen aus der Vergangenheit“

www.thueringen.de/de

Im Oktober hat die von der Landesregierung eingesetzte Expertenkommission ihre Empfehlungen zum Gedenk- und Lernort Andreasstraße in Erfurt vorgelegt. Das ehemalige Untersuchungsgefängnis des MfS in der Erfurter Andreasstraße soll eine Stätte des Lernens und Gedenkens werden, mit der sich sowohl betroffene Opfer der SED-Diktatur identifizieren, als auch zeitgemäße Ansprüche der Geschichtsaufarbeitung erfüllt werden können. Zugleich schlagen die Wissenschaftler vor, der Andreasstraße eine zusätzliche Rolle zuzuweisen.

Durch eine Profilierung des Gedenk- und Lernortes Andreasstraße als Mittelpunkt der Aufarbeitung der SED-Diktatur im Freistaat soll die thüringische Gedenkstättenlandschaft zu einem Geschichtsverbund weiterentwickelt werden. Nach Meinung der Experten soll sich die Andreasstraße in den Dienst der Demokratieerziehung stellen, die nicht losgelöst von NS-Gedenkstätten und internationaler Vernetzung zu betrachten ist. Derzeit werden die Empfehlungen durch die Landesregierung auf ihre Umsetzbarkeit geprüft.

Thüringens Kultusminister Bernward Müller (CDU) erklärt dazu: „Die Zukunft der Aufarbeitungsinitiativen und Geschichtswerkstätten, die sich der Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit widmen, muss durch eine stärkere Vernetzung und Koordinierung gesichert werden. Eine besondere Bedeutung in diesem Kontext besitzt die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des MfS in der Andreasstraße. In unmittelbarer Nähe des historischen Stadtkerns von Erfurt wird hier der repressive Charakter des SED-Staates besonders sichtbar und setzt damit ein Zeichen gegen eine Verklärung dieses Systems. Ausgehend von den Empfehlungen der Expertenkommission wird der Gedenk- und Lernort Andreasstraße die Würde der Opfer wahren und zugleich der Jugend ein Lernen aus der Vergangenheit ermöglichen. Mein Dank gilt der engagierten Arbeit der Expertenkommission unter Vorsitz von Herrn Professor Maser.“

Die Landesregierung hatte im Frühjahr 2008 eine hochrangige Historikerkommission beauftragt, Empfehlungen für den Umgang mit der Stasi-Untersuchungshaft in der Erfurter Andreasstraße abzugeben. In das Expertengremium wurden Frau Dr. Anna Kaminsky (Direktorin der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Berlin), Prof. Dr. Marko Demantowsky (Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Rainer Eckert (Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig), Prof. Dr. Gunther Mai (Lehrstuhl für Neuere und Zeitgeschichte der Universität Erfurt), em. Prof. Dr. Peter Maser (ehemals Direktor des Ostkircheninstituts der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster) und Prof. Dr. Hans-Joachim Veen (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Ettersberg) berufen. Das Gremium wählte Prof. Dr. Maser zum vorsitzenden Mitglied. Die einstimmig formulierten Empfehlungen der Wissenschaftler werden jetzt veröffentlicht. Beim Verfahren, unabhängige Wissenschaftler zu Rate zu ziehen, folgt Thüringen den Erfahrungen, die beim verantwortungsbewussten Umgang mit dem düstersten Kapitel deutscher Geschichte beim Konzentrationslager Buchenwald, der Gedenkstätte und seiner geteilten Geschichte gewonnen wurden.