Das ehemalige Stasi-Gefängnis in der Erfurter Andreasstraße soll zur Gedenkstätte werden. Foto: Alexander Volkmann
Erfurt. Die alten, morschen Schuppen sind weg. Schwere Bagger haben die verfallenen Anbauten weggerissen und den Platz für einen Neubau geschaffen. "Bereits seit dem Frühjahr wird auf dem ehemaligen Stasi-Gelände gearbeitet", erklärt Ralph Holeschovsky von der zuständigen Projektentwicklung der Helaba. Grundlage für die Baumaßnahmen bildet die gemeinsam mit Zeitzeugen, Wissenschaftlern, Stadt und Freistaat entwickelte Planung, für die im Mai die Baugenehmigung erteilt wurde. Als besonders aufwendig habe sich dabei die Sicherung des historischen Klinkergebäudes erwiesen - unter hohem Druck musste ein Spezialharz in den Baugrund gepresst werden, um das im Jahr 1870 fertiggestellte Gefängnis zu stützen und das Fundament zu stabilisieren. Zukünftig werden das historische Gebäude nahe dem Erfurter Domplatz, das nebenstehende Landgericht und auch die benachbarte Polizeistelle mit Fernwärme versorgt. Insgesamt wurden für die aufwendigen Arbeiten 11 Millionen Euro veranschlagt, sechs Millionen davon stehen für die Realisierung der Gedenk- und Bildungsstätte zur Verfügung. Auch wenn derzeit an der Andreasstraße Winterruhe herrscht. "Im Frühjahr gehen die Bau- und Sanierungsarbeiten weiter, 2012 sollen die Gebäude mit neuem Konzept feierlich eröffnet werden", so der 43-jährige Diplomingenieur weiter. Nach einem langjährigen und vor allen Dingen zähen Streit zwischen Stasi-Opfern, Historikern und Politikern um die inhaltliche Ausgestaltung der Stätte soll ein verbindliches Konzept bis Februar 2011 erarbeitet werden. Die Umsetzung erfolgt dann schrittweise. Geht es nach den Projektentwicklern, ergänzt ein kubusartiger Glasanbau mit einem Veranstaltungsraum das Areal, das sich künftig durch ein großes Tor gen Domplatz öffnet. "Das transparente Gebäude gibt dann bereits im Foyer den Blick auf den alten Klinkerbau frei", verrät Holeschovsky. Mit beweglichen Trennwenden könnte die Raumgröße den jeweiligen Erfordernissen optimal angepasst werden.
Der eigentliche Ort des Erinnerns aber befindet sich im 2. Geschoss der ehemaligen Stasi-Zentrale. Die engen Gefängniszellen, die grauen, kalten Wände des einstigen Männerhaftzellentraktes sollen komplett erhalten bleiben. Und sie sollen ein Bild von der Unmenschlichkeit der Haftbedingungen und der Willkür durch die Wärter vermitteln. "Wir sind davon überzeugt, dass die Besucher so die Enge und die Leiden der Inhaftierten nachvollziehen können", so Holeschovsky. In der darunter liegenden Etage wiederum bleibt zwar die einstige Raumstruktur erhalten, jedoch sollen Wände und Fußböden hergerichtet werden. "Das 1. OG bietet später einen idealen Platz für Dokumentationen und Ausstellungen", ist der Niederlassungsleiter überzeugt. Im Erd- und Untergeschoss sind Räume für Seminare, Ausstellungen und die Verwaltung reserviert. Auch ein Medienraum und Lagerflächen werden dort eingerichtet. Ein Großteil des Gebäudes an der Andreasstraße ist für Büroräume vorgesehen. "Das Interesse ist groß, durch die zentrale Lage ist der Standort für Firmen sehr attraktiv." Um der hohen Mauer, die den Altbau säumt, ein wenig ihre Massivität zu nehmen, hat die Denkmalschutzbehörde einem Antrag der Projektentwickler zugestimmt: Danach wird die Stasi-Mauer an mehreren Stellen durchlässig - also durchbrochen.
Das ehemalige Stasi-Gefängnis in der Erfurter Andreasstraße soll zur Gedenkstätte werden. Foto: Alexander Volkmann
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09.12.10 / TA