Projektbeschreibung

Die Frage des Umgangs mit dem Staatssicherheitsdienst war eine wesentliche der Friedlichen Revolution. Von Anfang an waren Losungen gegen das MfS auf den Demonstrationen präsent; schon bei den Verhaftungen im September 1989 in Leipzig riefen die Menschen „Stasi raus!“, später hieß es „Stasi in die Produktion“.

Am 4. Dezember 1989 besetzten Erfurter Bürgerinnen als erste eine Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit und lösten damit eine DDR-weite Welle aus, an deren Ende die Besetzung des Ministeriums am 15. Januar 1990 in Berlin stand. Die Frage der Auflösung des MfS einte die Oppositionsbewegungen, die ansonsten bald sehr unterschiedliche politische Wege gingen. Der Kampf richtete sich gegen die Rettungsversuche der Modrow-Regierung, durch Umbenennung und Tarnung wenigstens Teile des MfS weiter zum eigenen Machterhalt arbeiten zu lassen.

Auch bei der Gestaltung des Einigungsvertrages musste die Öffnung der Stasiakten - für persönliche Akteneinsicht und zur historischen Aufarbeitung - gegen Widerstände auch aus der alten Bundesrepublik erstritten werden. Heute ist das Stasiunterlagengesetz als eine Errungenschaft der Friedlichen Revolution ein nicht unumstrittenes, aber auch beneidetes Vorbild für viele ähnliche Institutionen in den ehemals kommunistischen Staaten Europas.

Diese einmalige Geschichte hat am 4. Dezember 1989 in Erfurt ihren Anfang genommen. Daher ist es nahe liegend, im Reigen der Veranstaltungen zu den Jubiläen der Friedlichen Revolution in den Jahren 2009 und 2010 Datum und Thema in Erfurt zu reflektieren und zu würdigen. Für dieses Gedenken „20 Jahre nach der ersten MfS-Besetzung“ ist vom 4. bis 6.12.2009 in Erfurt ein angemessener Dreierschritt vorgesehen: Festveranstaltung am Freitag, Symposium „In der Wahrheit leben. Der Umgang mit geheimpolizeilichen Akten und die politische Kultur in postkommunistischen Gesellschaften“ am Samstag, Gottesdienst am Sonntag.  (Näheres zum Ablauf siehe Anlage). Die sinnfälligen Orte sind die ehemalige MfS-Bezirksbehörde, der Thüringer Landtag, das Erfurter Rathaus und die alte Universitätskirche.

Der Umgang mit den Unterlagen der kommunistischen Geheimpolizeien wurde überall heftig mit ähnlichen Argumenten diskutiert. Die Furcht vor Racheakten und politischer Instrumentalisierung stand dem Interesse der Opfer an Aufklärung und Rehabilitierung gegenüber. Auch für den mit dem Systemwechsel notwendig gewordenen Elitenwechsel spielten die Unterlagen eine Rolle. Dennoch wurden sehr unterschiedliche Wege gewählt, die von der jeweiligen geistigen und politischen Kultur der Länder bestimmt waren und auf diese auch zurück wirkten.

Diese unterschiedlichen Umgangsweisen sollen Gegenstand des Symposiums sein. Im zusammenwachsenden Europa wird es eine Verständigung über die so gemeinsame wie unterschiedliche Geschichte des Kommunismus geben müssen. Dazu soll das Symposium seinen Beitrag leisten. Damit reicht die Bedeutung der Veranstaltung weit über die Stadt Erfurt und das Land Thüringen hinaus. Da die beteiligten Institutionen im Jahr 2009 auch mit weiteren Aktivitäten die Revolutionsjubiläen bedenken werden, kann die Finanzierung nicht allein aus hiesigen Mitteln gewährleistet werden.

Die Idee geht vom Arbeitskreis „20 Jahre Friedliche Revolution in der Region Erfurt“ aus, einer Planungsgruppe, die neben dem Symposium weitere regionale Veranstaltungen und Projekte für die Jahre 2009 und 2010 plant. Ihr gehören an: Die Evangelische Stadtakademie „Meister Eckhart“ Erfurt, die drei Thüringer Außenstellen der BStU, die Thüringer Landesbeauftragte für die Stasiunterlagen sowie die Gesellschaft für Zeitgeschichte e.V. Die Arbeitsgruppe arbeitet mit der Stadt Erfurt und der Landeszentrale für politische Bildung zusammen.

Zeit- und Arbeitsplan:

Seit Frühjahr 2008:
Absprachen zu Terminen, Inhalten und Tagungsprogramm
Anfragen an Thüringer Landtag (TLT) und Thüringer Staatskanzlei (TSK)
Voranfragen bei Bundespräsident und Ministerpräsident

Sommer 2008:
Projektanträge bei Stiftung Aufarbeitung und Thüringer Kultusministerium (TKM)

Herbst 2008:
Anfragen der Referenten

Frühjahr 2009:
Voranfragen Hotels, Referenteneinladung

Herbst 2009:
Versenden der Einladungen durch die Projektpartner, Öffentlichkeitsarbeit
Erstellen der Tagungsmappen, Organisation der Abläufe

4.-6.12.2009:
Durchführung der Tagung

Bis Frühjahr 2010:
Erstellen der Dokumentation der Referate und Impulse