„Forschungen aus dem Thüringer Archiv für Zeitgeschichte `Matthias Domaschk`“

Vortragsreihe Mai – November 2009 in Jena und Erfurt

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Vortragsreihe in Erfurt

Kleine Synagoge, an der Stadtmünze 5 (hinterm Rathaus)

18. Mai: Reiner Merker:

Die Wirkung einer Samisdat - Publikation: Zur Auseinandersetzung mit dem Uranbergbau der SDAG Wismut Ende der 80er Jahre

15. Juni: Udo Grashoff:

Schwarzwohnen in der DDR

13. Juli: Katharina Lenski:

Universität zwischen Schaubühne und Geheim­haltung: Die Friedrich-Schiller-Universität Jena von 1968 bis 1989

14. Sept.: Eckart Schörle:

Wie lustig war die DDR? Witz und Lachen im Realsozialismus

12. Okt: Annette Leo/Agnes Arp

und Student/innen:

Mein Land verschwand so schnell wie kein anderes– Thüringer Lebensgeschichten und die Wende 1989/90

16. Nov: Anne Stiebritz:

Mythos "Offene Arbeit".

 

Vortragsreihe in Jena

in den Räumen ThürAZ, Camsdorfer Ufer 17 

25. Mai: Udo Grashoff:

Schwarzwohnen in der DDR

22. Juni: Reiner Merker:

Die Wirkung einer Samisdat -Publikation: Zur Auseinandersetzung mit dem Uranbergbau der SDAG Wismut Ende der 80er Jahre

6. Juli: Katharina Lenski:

Universität zwischen Schaubühne und Geheim­haltung: Die Friedrich-Schiller-Universität Jena von 1968 bis 1989

10. Sept.: Eckart Schörle:

Wie lustig war die DDR? Witz und Lachen im Realsozialismus

19. Okt: Annette Leo / Agnes Arp

und Student/innen:

Mein Land verschwand so schnell wie kein anderes– Thüringer Lebensgeschichten und die Wende 1989/90

30. Nov: Anne Stiebritz:

Mythos "Offene Arbeit".

ZU DEN VORTRÄGEN UND REFERENT/INNEN

der Vortragsreihe:

DR. AGNES ARP, Historikerin, Universität Jena / DR ANNETTE LEO, Historikerin und Publizistin, Berlin und Jena

Studierende an der Friedrich-Schiller-Universität Jena fragten im Jahr 2008 im Rahmen eines Seminars am Historischen Institut sechzehn Thüringerinnen und Thürin­ger nach ihren Lebensgeschichten und nach jener entschei­denden Zäsur am Ende der achtziger Jahre, die alle ostdeutschen Biogra­fien in der Rückschau unweigerlich in ein „Vorher“ und ein „Nachher“ teilt. Die Auswahl der Interviewpartner ergab sich eher zufällig. Das Spektrum der damaligen politischen Positionen und Überzeugungen reicht von der SED-Kreissekretärin bis zum Dissidenten und Dichter. Aber die Äußerungen der Zeitzeugen lassen sich nicht einfach in pro oder contra DDR bzw. Sozialismus einteilen. Es handelt sich vielmehr um sechzehn unter­schiedliche Perspektiven auf das Leben im ostdeutschen Staat und auf die Jahre 1989/90, nicht schwarz und weiß sondern mit vielen Abstufungen von Farb-und Grautönen. Die Teilnehmer/innen des Seminars werden gemeinsam mit Dr. Annette Leo und Dr. Agnes Arp über den Prozess der Auseinandersetzung mit den Interviews in der Gruppe berichten und exemplarisch einige Biografien vor­stellen.

DR. UDO GRASHOFF ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Leipzig. Er hat 2006 über "Selbsttötungen in der DDR" promoviert und auch zu anderen Aspekten der DDR-Geschichte, beispielsweise zum Volks­aufstand am 17. Juni 1953, zur Ausbürgerung von Wolf Biermann und zur friedlichen Revolution geforscht und publiziert. Sein aktuelles Projekt ist ein Buch über "Schwarzwohnen bzw. Wohnungs­besetzungen in der DDR".

KATHARINA LENSKI, seit 1991 Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „ Matthias Domaschk“ Jena (ThürAZ), Histori­kerin/Soziologin/Erziehungswissenschaftlerin.

Der Vortrag handelt von der Universität zwischen Schaubühne und Geheimhaltung: Die Friedrich-Schiller-Universität Jena von 1968 bis 1989. Die Staatssicherheit baute ein rigides System zur Verhinderung eigensinniger Diskurse auf. Im Vortrag wird es um den Aufriss und die Analyse dieses Problemfeldes gehen. Die Exmatrikulation eines Studenten und die Entlassung eines Stasi-Offiziers demonstrieren beispielhaft die inneren Funktionsme­chanismen des Apparats, dessen Disparitäten und den Konsens mit anderen Verantwortungsträgern – ein Feld, was bislang nicht in der Diskussion war…

REINER MERKER, geb. 1974 in Lübz. Von 1994 bis 1997 Studium der Philosophie, anschließend Bibliothekswissen­schaft und Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin. Seit 1998 Mitarbeit im Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „ Matthias Domaschk“ in Jena.

Zum Referat: Im Juni 1988 „ erschien“ in der DDR die Stu­die: „Pechblende. Der Uranbergbau in der DDR und seine Folgen“ als Samisdat-Publikation. Mit der Studie sollte, unabhängig der Einstufung aller Umweltdaten als Staats-bzw. Dienstgeheimnis, die Bevölkerung in den betroffenen Gebie­ten über die erheblichen Gefahren des Uranbergbaus informiert werden. Die Veröffentlichung führte zu unmit­telba­ren Reaktionen. So wurden einerseits durch den Staatsap­pa­rat und das MfS massive Versuche unternommen, den Autor der Studie zu „ diszipli­nieren“ und damit auch die ökologi­schen und gesund­heitlichen Folgen des Uranberg­baus zu negieren. Gleichzeitig ließ sich die Diskussion aber nicht mehr aufhalten. In der Folge kam es zu Ver­weigerun­gen bei der Lehrlingsan­werbung für die SDAG Wismut, zur Einforderung von Informationen anhand von kon­kreten „Schadensfällen“ und zur Bildung von Umweltgruppen.

ECKART SCHÖRLE, geb. 1971, Historiker, studierte Geschichte, Politik und Philosophie in Gießen und Göttin­gen. An der Universität Erfurt promovierte er über die Geschichte des Lachens (Die Verhöflichung des Lachens. Lachge­schichte im 18. Jahrhundert, Bielefeld 2007). Schörle ist Mitheraus­geber der Zeitschrift „WerkstattGeschichte“ und Lektor in Erfurt.

Der Vortrag wendet sich einem Aspekt des DDR-Alltags zu und fragt nach Bedeutungen und Funktionen der offiziellen, halböffentlichen und oppositionellen Lachkultur. Neben dem politischen Witz wird auch das Verhältnis der Ideologen zum Gelächter in den Blick genommen. Im Umgang mit dem Lachen und der alltäglichen Witzpraxis eröffnet eine etwas andere Perspektive auf 40 Jahre DDR.

ANNE STIEBRITZ, M.A. Erziehungswissenschaft, Neuere Geschichte und Volkskunde/Kulturgeschichte

"Mythos Offene Arbeit" verweist auf ein mit Bedeutungen und Vorstellungen aufgeladenes Phänomen sowie dessen Reduktion auf zumeist wenige Dimensionen. Der vor­nehm­lich historischen und politikwissenschaftlichen Auseinander­setzung, welche besonders die gesellschafts­kritische Seite der Offenen Arbeit untersucht, soll eine pädagogische Dis­kus­sion an die Seite gestellt werden. Ausgehend von dem Mythos wird danach gesucht, wie sich die Offene Arbeit als eine Form von Jugendarbeit konstituierte. Ziel der Ausein­andersetzung ist es, anhand von Zeitzeugeninter­views und Quellenarbeit verschiedene Perspektiven darzustellen, aus denen sich die Offene Arbeit denken lässt.