In eigener Sache

Es hat immer wieder Versuche gegeben, bei denen Personen die Nennung ihres Namens im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für das MfS mit juristischen Mitteln zu verhindern suchen: Der ehemalige Politoffizier einer Grenzeinheit, der der letzte Mauertote, Chris Geoffrey, zum Opfer gefallen war, wollte die Nennung seines Namens in diesem Kontext in einem Buch verbieten lassen. Bei einer Ausstellung in der Gedenkstätte "Zum Roten Ochsen" in Halle kündigten ehemalige Hauptamtliche Mitarbeiter des MfS Klage an gegen die Ausstellungsmacher. IM Schubert aus Sachsen klagte gegen die Nennung seines Namens bei der Ausstellung "Christliches Handeln in der DDR", die maßgeblich durch den Dompfarrer i.R. Dr. Edmund Käbisch erstellt wurde.

Auch diese Website war von Klagen bedroht.

Datengrundlage

Die auf diesen Webseiten dargestellten Daten und Informationen sind das Ergebnis mehrerer Forschungsanträge an die BStU, der Einbeziehung weiterer Unterlagen sowie die eigene Akteneinsicht vom früheren Betreiber der website "stasi-in-erfurt.de" (J.H.) und den Mitgliedern der Gesellschaft für Zeitgeschichte. Die rechtliche Grundlage stellt das Stasi-Unterlagengesetz dar:

§ 32 (1) 3.

(1)   Für die Forschung zum Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone sowie für Zwecke der politischen Bildung stellt der Bundesbeauftragte auf Antrag folgende Unterlagen zur Verfügung:

3. Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über– Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, soweit es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres gehandelt hat, oder– Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes,

und § 32 (3) 2.

(3) Personenbezogene Informationen dürfen nur veröffentlicht werden, wenn
1. diese offenkundig sind,
2. es sich um Informationen handelt über
– Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, soweit diese nicht Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres betreffen, oder
– Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes

Aufarbeitung

Es ist eine der Besonderheiten des Umbruchs 1989/90, dass die Friedliche Revolution nicht das Ziel hatte, die Systemtragenden auszuschließen oder gar zu verfolgen und „Rache“ an ihnen zu üben, sondern dass es darum ging, diese in die veränderte Gesellschaft auch wieder zu integrieren. Dieser Prozess der „Aufarbeitung“ hält bis heute an und nach wie vor gibt es ein relativ großes Interesse daran von Betroffenen, aber auch von Personen, die aufgrund ihres Alters oder ihres damaligen Wohnsitzes nicht davon betroffen waren. Entgegen manchen Behauptungen oder Befürchtungen ist es damals auch zu keinem einzigen Fall von Lynchjustiz oder ähnlichem gekommen. Und es gab andererseits auch einige hauptamtliche und informelle Mitarbeiter des MfS, die bereit waren, sich aktiv in den Prozess der Aufarbeitung einzubringen. Leider ist die Zahl derer sehr klein geblieben.

Aufarbeitung bedeutet ja in erster Linie zum einen, Opfern der SED-Diktatur eine Rehabilitation zu ermöglichen und zum anderen einen gesellschaftlichen Aufklärungsprozess zu gestalten, der mit einer mündigen und aktiven Zivilgesellschaft eine Diktatur und auch Entwicklungen, die einem offenen demokratischen Staat entgegenstehen, verhindert. Dazu gehört es aber auch, die Mechanismen und Beteiligten der Unterdrückung, also die „Täter“ und ihr Agieren offenzulegen. Denn nur das ermöglicht es, in dem Aufarbeitungsprozess auch zu einer wirklichen „Versöhnung“ zu kommen.

Dies ist das Anliegen unserer „Gesellschaft für Zeitgeschichte“, dem dienen auch die Webseiten in der vorliegenden Form.

Dank

Speziell zu den Anfeindungen gegen die Webseiten "Stasi-in-Erfurt" schrieb Herr Heinrich:

Im Oktober 2007 wurden auf www.stasi-in-erfurt.de alle Adressen Konspirativer Wohnungen (KW) in Erfurt während der 1980er Jahre veröffentlicht. In diesem Zusammenhang wurde tendenziös in der Lokalpresse berichtet und datenschutzrechtliche Bedenken zu dieser website vom Thüringer Verwaltungsamt vorgetragen. Diese voreiligen Anfeindungen sind mittlerweile ausgeräumt worden. Ich möchte mich an dieser Stelle für die zahlreichen ermutigenden Zuschriften – insbesondere von Erfurter Bürgerinnen und Bürgern – sehr herzlich bedanken.

Herzlich danken möchte ich auch den Erfurterinnen und Erfurtern, die heute in jenen Häusern und Wohnungen leben, in denen sich die Stasi früher mit ihren geheimen Informanten traf, und die selbst nie mit der Stasi zusammengearbeitet haben. Die anfänglichen Befürchtungen, durch die Veröffentlichung der Stasi-belasteten Adressen selbst unverschuldet in Misskredit zu kommen, haben sich als haltlos erwiesen. Ohne die beherzte Stellungnahme der Thüringer Landesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR, Frau Hildigund Neubert ("Ich betrachte dieses Projekt als das Meine", Freies Wort v. 22.10.2007), wäre das Projekt in wesentlichen Aspekten beschädigt worden. Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) hat sich ebenfalls ausdrücklich hinter die Internetseite zu den Stasi-Aktivitäten in Erfurt gestellt: "Wir sehen mit großer Besorgnis, dass mit dem Argument des Datenschutzes in letzter Zeit immer häufiger versucht wird, derartige Aktionen zu unterbinden", teilte der VOS mit.

Die Versuche mit rechtlichen Mitteln heute das Erinnern zu unterbinden oder einzuschränken hat eine lebhafte und kontroverse öffentliche Debatte hervorgerufen. Ein Kommentar des Herausgebers des Tagesspiegel, Hermann Rudolph, am 09.04.2008 fasst wie folgt zusammen:

"…In diesen Versuchen, die Öffentlichkeit zu zwingen, offenkundige Verfehlungen nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen, spürt man eine fatale Tendenz, die DDR-Vergangenheit weich zu zeichnen. Denn in den neunziger Jahren, als die DDR noch nahe war, wäre niemand auf solche Ideen gekommen. Dass es heute möglich ist, muss alarmieren: Da wagt sich ein Bewusstsein von unserer jüngsten Geschichte hervor, das man nur schamlos nennen kann."