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25.04.2019 21:56 Alter: 1 year

Trauer um Ilse Neumeister

Die Mitbegründerin der Friedensgebete in Erfurt, Ilse Neumeister, ist am 18. 4. 86-jährig verstorben.


Ilse Neumeister hat als Christin in Erfurt viel geleistet. Archivfoto: Peter Michaelis TA

Ilse Neumeister gehörte zu den mutigen Frauen in Erfurt , die 1978 gegen den DDR-Wehrkundeunterricht ein Zeichen setzten. Seit der ersten Adventswoche vor mehr als 41 Jahren gibt es das donnerstägliche ökumenische Friedensgebet. Jetzt ist Ilse Neumeister gestorben – am Gründonnerstag im Alter von 86 Jahren.

Wenn am heutigen Donnerstag für den Frieden gebetet wird, werden sich viele Wegbegleiter mit großer Trauer an die vielseitig engagierte Christin erinnern. Ilse Neumeister hat es sowohl vor als auch nach 1989 mit diplomatischen Geschick verstanden, über Kirchengrenzen hinweg für Unterstützung zu sorgen in manchen heiklen Angelegenheiten. Sie machte davon aber kaum reden, etwa wenn es um ihre Rolle im Zusammenhang mit dem Erfurter Kirchentag 1988 und die Dombesetzung ging.

Neumeister kam damals die Rolle zu, westlichen Journalisten erklären zu müssen, warum das Thema aus Sicht der heimischen Kirche nicht zu großen Schlagzeilen taugte. Im Rückblick erklärte sie einmal, man habe um die Dombesetzer, aber auch um den Kirchentag gefürchtet.

Freundin von Menschen jüdischen Glaubens

Ilse Neumeister war in den vergangenen Jahrzehnten sehr präsent in Erfurt , hat sich dabei aber selbst nicht in den Mittelpunkt gestellt. Ein wichtiges Anliegen war ihr der christlich-jüdischen Dialog. Schon seit Kindertagen – die in die Nazizeit fielen – gehörte sie zu den treuen Freunden von Menschen jüdischen Glaubens. Die Nähe im Glauben bewegte sie zu DDR-Zeiten und seit 1990.

Ilse Neumeister war Pazifistin und zugleich Trägerin des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold. Das erhielt sie, weil sie sich in einer Kommission Anfang der 1990er-Jahre mit dem Vorschlag durchsetzte, dass beim Wechsel von NVA-Angehörigen in die Bundeswehr nicht nur nach Aktenlage entschieden wurde, sondern eine Anhörung stattfand.

Frauenkreis bis 2018 geführt

Nach der friedlichen Revolution hatte sie die Klosterrunde gegründet – einen Kreis von Frauen aus unterschiedlichen Lebensbereichen. Bis 2018 trafen sie sich regelmäßig und luden sich Gesprächspartner aus ganz unterschiedlichen Professionen ein. Für viele Teilnehmerinnen, oft mit gebrochener Erwerbsbiografie, war dies eine Gelegenheit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Gerlinde Sommer | TA | 25.04.19

zum Zeitungsartikel: erfurt.thueringer-allgemeine.de/